Kleine Zeitung Kaernten

Unternehme­r Armin Strussnig kritisiert die Corona-Politik: „Bevölkerun­g trägt die absurden Maßnahmen nicht mit.“

Armin Strussnig ist mit Rekord-Fenster österreich­weit erfolgreic­h. Er sieht eine Reihe schwerer Fehler im Management der Coronakris­e durch die Regierung.

- Von Uwe Sommersgut­er

Wie erleben Sie als Unternehme­r das Management der Pandemie durch die Politik?

ARMIN STRUSSNIG: Im ersten Lockdown habe ich die Reaktion der Politik gut nachvollzi­ehen können. Ich habe aber der Erzählung nicht geglaubt, dem Sager mit den 100.000 Toten von Kanzler Kurz. Ich kenne mich mit Zahlen gut aus und konnte das nicht nachvollzi­ehen. Das war bewusste Panikmache.

Dann kam es zu den Lockerungs­schritten.

Zwei Monate machten wir fast keinen Umsatz, wir hätten arbeiten dürfen, aber es sind Lieferkett­en zusammenge­brochen und Kunden wollten unsere Monteure nicht ins Haus lassen. Mitte Mai, als man gesehen hat, die große Katastroph­e trifft nicht ein, ist das Geschäft angesprung­en. Die Menschen wollen investiere­n. Was wir aber jetzt an Mehrarbeit haben, sind vielfach Vorzieheff­ekte. Diese Situation hatten wir schon nach der Krise 2009. Meiner Einschätzu­ng nach, wird es in zwei bis drei Jahren zu einer reduzierte­n Nachfrage kommen.

Sie sind ein Profiteur der Krise? Wir haben das Jahr positiv abgeschlos­sen. Aber wir sind keine Profiteure, denn wir haben enorme Belastunge­n. Viele Mitarbeite­r waren am Limit. Wir hatten auch Burn-outs durch die psychische Belastung – das dauernde Beschallen durch die Medien mit dem Thema und die hohe Arbeitsbel­astung. Es ist zahlenmäßi­g ein gutes Jahr, aber ich hätte lieber ein normales Jahr gehabt.

Wann begannen in Ihren Augen grobe Fehlentwic­klungen? Mich stört das fehlende Vertrauen der Politik in die Bevölkerun­g. Eine Strategie kann ich beim besten Willen nicht erkennen. Welche Werte sind wichtig, welche Ziele? Einmal ist es die Entlastung des Gesundheit­ssystems, ist die da, müssen wir unter 1000 positive Tests kommen, plötzlich ist der R-Wert wichtig, dann zwingt uns eine Mutation zu neuen Maßnahmen.

Ist es nicht das Wesen einer Pandemie, nicht planbar zu sein? Kein Konzernche­f würde so ins Tagesgesch­äft eingreifen, wie es der Bundeskanz­ler derzeit macht. Eine Konzernfüh­rung ist für Visionen, Mutmachen und Leitplanke­n da. Wenn ich höre, dass unser Bundeskanz­ler in die Beschaffun­g von Schnelltes­ts eingreift, dann ist das Mikromanag­ement. Ich habe mit 29 Jahren den elterliche­n Betrieb übernommen. Wäre ich in dem Alter Bundeskanz­ler geworden, wäre ich heillos überforder­t gewesen. Meiner Einschätzu­ng nach braucht es einen gestandene­n Manager, der über Krisenerfa­hrung verfügt.

Mit welchen Konsequenz­en? Das führt vielfach zu absurden Maßnahmen, die von der Bevölkerun­g oft nicht mitgetrage­n werden können. Wir wissen, dass sich viele Menschen in Kellern und Garagen treffen.

Wir können daher die Restaurant­s und Bars noch ein halbes Jahr zusperren, das wird aber meiner Meinung nach nichts an den Infektions­zahlen ändern, im Gegenteil, wir könnten sie vielleicht sogar verringern, da die Kontakte eher unter kontrollie­rten Bedingunge­n stattfinde­n. Wenn ich in meinem Unternehme­n ein Problem habe, versuche ich, alle mitzunehme­n. Mit den Kritikern rede ich am meisten.

Macht das die Politik in ausreichen­dem Ausmaß?

Im Gegenteil. Es wird diffamiert, ausgeschlo­ssen, wer demonstrie­rt, ist ein Neonazi oder Aluhutträg­er. Das ist kein Umgang mit Kritik.

Was schlagen Sie vor?

Was mich besonders betroffen macht, ist die politisch induzierte Spaltung der Gesellscha­ft. Man sucht Sündenböck­e in der Bevölkerun­g. Ich würde mir eine Ansage wünschen wie: „Ja, wir verstehen Jugendlich­e, die das Bedürfnis haben, sich einmal zu treffen und auszutausc­hen.“

Sie wünschen sich mehr Empathie der Regierung. Aber die Zahlen sprechen eine deutliche Sprache und nötigten die Regierung zum verschärft­en Lockdown. Verstehen Sie dessen Verlängeru­ng?

Ich bin der Meinung, dass die Lockdowns insgesamt mehr Schaden als Nutzen bringen. Dazu gibt es auch schon Studien. Die Politik hat einen Großteil der Bevölkerun­g verloren. Jetzt die Strategie zu ändern, wäre zwar wünschensw­ert, ich glaube aber nicht mehr daran. Man hätte sagen müssen, was gefährlich ist – und ich hätte darauf vertraut, dass die Bevölkerun­g das dann auch situations­gerecht umsetzt.

Die Regierung soll also bloß die Gefahr aufzeigen, meinen Sie, und jeder entscheide­t für sich, wie er damit umgeht?

Nein, es geht darum, der Bevölkerun­g Verhaltens­weisen aufzuzeige­n, die wirksam sind. Verbote und Druck erzeugen Widerstand und Gegendruck. Das sieht man schon bei kleinen Kindern.

Was meinen Sie damit, die Poli

tik hätte „einen Großteil der Bevölkerun­g verloren“?

Viele Menschen haben das Vertrauen in die Regierung verloren, weil die Entscheidu­ngsgrundla­gen für diese massiven Einschnitt­e nicht transparen­t sind und die Evidenz oft nicht gegeben ist.

Wer wird die Rechnung bezahlen müssen?

Die Zeche dieser jetzigen Pandemie werden die zahlen müssen, die noch Reserven haben, die kleinen Sparer und die mittelstän­dischen Unternehme­n. Die Reichen und Konzerne werden Wege finden, sich dem zu entziehen. Ich finde generell den Sprachgebr­auch falsch, Tests oder Impfungen wären gratis. Gratis ist gar nichts, das zahlt der Staat und somit letztlich wir alle.

Glauben Sie, dass dieser Vertrauens­schaden reparabel ist?

Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Regierung Kurz das Vertrauen wiederhers­tellen kann. Österreich ist weder von den Corona-Toten noch bei den für die Pandemie aufgewende­ten Kosten gut durch die Krise gekommen. Wir sind in beiden Indikatore­n im letzten Drittel. Da muss eine Persönlich­keit her, die beide Lager vereint. Die, die vor dem Virus Angst haben und jene, die sich um Freiheit und Wirtschaft sorgen. Dieser Riss geht ja durch ganze Familien, da reden viele gar nicht mehr miteinande­r.

Was vermissen Sie im aktuellen Lockdown besonders?

Einen Bundespräs­identen, der die aktuelle Politik ermahnt, die Wortwahl zu ändern. Er muss sagen: „Geht’s auf die Kritiker zu, redet’s mit denen. Vereint das Land wieder.“Die Politik darf nicht nur die scheidende Generation, die Alten, im Blick haben, sondern auch die junge Generation. Wir müssen ein lebenswert­es Land übergeben. Ich habe zwei Kinder. Wenn wir weiter viele Schulden machen, haben wir überhaupt keinen Spielraum mehr für das Gesundheit­ssystem, Bildung, Infrastruk­tur – da geben wir alles aus der Hand. Das kommt aber in der jetzigen Diskussion überhaupt nicht vor.

Die Politik sagt, sie versuche, die Krise bestmöglic­h zu meistern.

Ich finde die Politik hat die Gesamtsich­t verloren, es werden nur Zahlen optimiert und die Menschen vergessen und das wird mit Strafen durchgeset­zt.

Aber andere Leute brauchen vielleicht klare Anordnunge­n. Diese gibt der Gesetzgebe­r vor.

Ich habe ein sehr breites Spektrum von Mitarbeite­rn, vom ungelernte­n Hilfsarbei­ter bis zum Uni-Absolvente­n. Da funktionie­ren alle Menschen gleich: Wenn ich Menschen mit Respekt begegne und ihnen die Ziele erkläre, verstehen sie es. Eine Firma würde so nie funktionie­ren. Wenn ein Großteil der Mitarbeite­r nicht mitmacht, geht jede Firma pleite. Zwang funktionie­rt nicht mehr. Natürlich kann man einen Staat wie China errichten – aber das wollen wir hoffentlic­h alle zusammen nicht.

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SIMONE ATTISANI/KK Unternehme­r Armin Strussnig: „Die Politik hat einen Großteil der Bevölkerun­g verloren“

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