Kleine Zeitung Kaernten

Belgrad nimmt sich Israel als Vorbild

Auf dem Westbalkan ist die Lage uneinheitl­ich. Während Belgrad Tempo beim Impfen macht, ist in drei Ländern noch nichts passiert.

- Von unserem Korrespond­enten Christian Wehrschütz

So komplex die politische und wirtschaft­liche Lage im ehemaligen Jugoslawie­n ist, so unterschie­dlich ist auch die Lage bei den Impfungen gegen das Coronaviru­s. In Montenegro, Kosovo und Bosnien-Herzegowin­a wurde nicht einmal mit den Impfungen der Risikogrup­pen begonnen. Dafür gibt es unterschie­dliche Gründe, die von politische­n Krisen über administra­tive Schwächen bis zur Impfstoffk­nappheit reichen. Das internatio­nale System der Beschaffun­g (Covax) soll gewährleis­ten, dass etwa 20 Prozent der Bevölkerun­g geimpft werden können. Wann dieser Prozentsat­z in diesen drei Ländern mit einer Bevölkerun­g von 650.000 bis drei Millionen Einwohnern erreicht werden kann, ist unklar. Noch unklarer ist, wann der gesamte

Prozess abgeschlos­sen sein wird. So rechnet Montenegro damit, dass die Impfung der gesamten Bevölkerun­g drei Jahre dauern könnte.

Unterschie­dlich sind auch die Impfstoffe, die verwendet werden sollen. Vorrangig ist das in diesen drei Ländern Pfizer, der unter anderem in China produziert wird. Bosnien will nun auch den russischen Impfstoff SputnikV beschaffen, bei dessen Produktion es aber Engpässe in Russland gibt.

Chinesisch­e Impfstoffe nutzt nur Serbien, wo die massenhaft­e Immunisier­ung der Bevölkerun­g bisher am schnellste­n vor sich geht. Binnen einer Woche erhielten mehr als 220.000 Personen die Spritze. Das größte Impfzentru­m ist die Messe Belgrad. Doch auch in allen größeren Städten gibt es Impfzentre­n und die Spritze verabreich­en ebenso alle Ambulanzen in den Gemeinden. Die Serben dürfen selbst wählen, welchen Impfstoff sie wollen, doch die Mehrheit hat keine klare Präferenz. Von Pfizer hat Serbien 1,8 Millionen Dosen bestellt; Verträge wurden für die Lieferung von insgesamt 6,5 Millionen Dosen abgeschlos­sen. Hinzu kommt noch ein Anteil aus dem Kontingent, das die EU dem Westbalkan zur Verfügung stellt.

Bei der Organisati­on der Massenimpf­ung nutzte Serbien vor allem die Erfahrunge­n aus Israel, das seine Bevölkerun­g in Rekordzeit geimpft hat. Sobald der

Impfstoff eintrifft, können die Behörden das Schicksal jeder einzelnen Dosis in Echtzeit über das elektronis­che Informatio­nssystem verfolgen. Jeder Bewohner – auch Ausländer – kann sich über das Internetpo­rtal zur Impfung anmelden. Das haben bisher mehr als 500. Entspreche­nd der Rangliste bekommt die Person dann einen Termin per SMS oder Mail, wobei der Termin automatisc­h auch in den Impfkalend­er am Ort der Impfung eingetrage­n wird. Diese Rangliste wird aber nicht immer eingehalte­n, weil Bürger auch einfach so in die Impfzentre­n gehen.

In Slowenien und Kroatien erfolgt die Anmeldung über den Hausarzt. Geimpft werden zunächst die Risikogrup­pen (Altersheim­e und alte Personen). In Kroatien kommen Menschen hinzu, die seit dem Erdbeben im Dezember in Behelfsunt­erkünften leben müssen. 50.000 Kroaten wurden bis gestern geimpft. Zum Einsatz kommen nur Pfizer und Moderna, wobei in den kommenden 14 Tagen vorrangig die zweite Dosis verabreich­t wird, ehe weitere Bevölkerun­gsgruppen geimpft werden. Die Beschaffun­g erfolgt über die EU. In Slowenien wurden bis Samstag 49.000 Personen geimpft. Das Land wollte bis zum Sommer mehr als zwei Drittel seiner Einwohner impfen, doch das Ziel wird nicht zu erreichen sein, weil nicht genügend Impfstoff vorhanden ist.

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AOA Anstehen vor dem Impfzentru­m Belgrad
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