Plagiatsaffäre: ÖVP-Politiker legt erste Funktionen zurück
Vorwürfe gegen Abgeordneten Peter Weidinger. Arbeit wird geprüft, aktueller Universitätsrektor als Begutachter.
Mitten im Gemeinderatswahlkampf werden schwere Vorwürfe gegen den Villacher Gemeinderat und Nationalratsabgeordneten Peter Weidinger (ÖVP) publik. Wie bei der inzwischen zurückgetretenen Bundesministerin Christine Aschbacher (ÖVP) soll es sich auch bei seiner Diplomarbeit um ein Plagiat handeln. Die rechtswissenschaftliche Arbeit, die Weidinger den Titel „Magister iuris“erbrachte, wurde im Jahr 2003 verfasst und trägt den Titel „Die Kanadische Kompetenzverteilung und ihre mögliche Bedeutung für die föderalistische Debatte innerhalb der EU“. Begutachtet wurde sie von keinem Geringeren als dem aktuellen Rektor der Universität Graz, Martin Polaschek – damals außerordentlicher Professor an der Uni.
Der Salzburger Plagiatsjäger Stefan Weber will nun ein „nur selten rekonstruierbares und deshalb umso interessanteres Plagiatsmuster“im Schriftstück entdeckt haben: „Der Verfasser schreibt von einer englischsprachigen Quelle ab, indem er den Text ins Deutsche übersetzt. Anführungszeichen und Quellenangaben finden sich vor Ort der Übernahmen nicht. Zudem hat der Nationalratsabgeordnete auch deutschsprachige Quellen plagiiert“, sagt Weber. Insgesamt hat der Gutachter in einem 29seitigen Gutachten 30 Plagiatsfragmente dokumentiert. Die Diplomarbeit umfasst 107 Seiten. Die Übereinstimmungen wurden – wie schon im Fall Aschbacher – mit der Software „Turnitin“gefunden.
Weidinger legte seine Funktion als Parteiobmann gestern vorerst zurück. Keine Konsequenzen gibt es bisher, was seine Funktion als Nationalrat und Gemeinderat betrifft. „Sollten sich die Vorwürfe bewahrheiten, wird Peter Weidinger sein Gemeinderatsmandat nicht annehmen“teilte die ÖVP Villach gestern Abend mit. Die Reihung auf der Wahlliste, Weidinger nimmt Platz drei ein, kann nicht mehr verändert werden.
„Das ist eine Nachricht wie aus einem anderen Leben“, zeigte sich Weidinger erschüttert und teilte der Uni Graz mit, seinen Titel zurücklegen zu wollen. „Das Vorhaben ehrt Herrn Weidinger, es geht rechtlich aber nicht. In so einem Fall muss ein Aberkennungsverfahren vonstattengehen“, sagt Joachim Hirtenfellner, Sprecher des Uni-Rektorats. Dieses wird eingeleitet, wenn die Prüfung Plagiatsvorwürfe bestätigt. Dass der Rektor der Uni selbst der Begutacher war, relativiert Hirtenfellner mit Verweis auf die technischen Möglichkeiten: „2003 waren solche Plagiate nicht erkennbar. Den Rektor trifft keine Schuld.“
SPÖ und FPÖ Villach forderten Weidinger zum Rücktritt auf. ÖVP-Landesparteiobmann Martin Gruber will das Prüfergebnis abwarten. Sollten sich die Vorwürfe bestätigen, erfülle Weidinger nicht die Erwartungen an einen Funktionär.
Die Universität Graz prüft jährlich ein bis zwei Plagiatsvorwürfe. Bewahrheiten sich diese, kommt
es zum Verfahren der Aberkennung des Titels.
Joachim Hirtenfellner, Rektoratssprecher
Die Arbeit ist 18 Jahre alt und mitten im Wahlkampf taucht plötzlich ein anonymer Umschlag auf. Die Uni Graz prüft den Vorwurf jetzt
und ich kämpfe weiter für die Villacher.
Peter Weidinger, Nationalratsabgeordneter