Sag mir, wo die Gleichheit ist
Gelbe Tulpen stehen in der Blumensprache für das Lächeln und den Sonnenschein. Auch für Glück, Fröhlichkeit und eine erfüllte Beziehung, in der beide Partner einander respektvoll begegnen. Violette Tulpen hingegen verraten die edle Gesinnung des Schenkers, sein Wohlwollen und seine großzügigen Wünsche für den Beschenkten. Ach, wie schön!
Möge das Wünschen helfen, mag sich diese Abgeordnete des ukrainischen Parlaments in Kiew denken, aber gemäß Blumensprache ist ja alles in bester Ordnung; allein, die Realität kann mit den Versprechen der Botanik nicht ganz Schritt halten. Der Frauenanteil im ukrainischen Parlament beträgt knapp 20 Prozent, in Österreich immerhin knapp 40 Prozent.
Die fotogene Tulpenniederlegung – wofür die männlichen Abgeordneten Blumen bekommen, ist nicht bekannt – erfolgte anlässlich des Internationalen Frauentages, der 1911 eingeführt wurde und seit 1921 regelmäßig gefeiert wird. Nein, falsches Wort, zum Feiern besteht trotz einiger Fortschritte kein Grund. Es gibt einen „Equal Pay Day“, aber der ist für die Katz’, denn der „Gender Gap“klafft weiterhin weit, und Frauen verdienen um rund 20 Prozent weniger als Männer. „Victim Blaming“und „Body Shaming“stehen beschämenderweise ebenso an der Tagesordnung wie die blumigen Beteuerungen, dass mehr Frauen in Führungspositionen vertreten sein müssen.
Ach, geschenkt! Wenn man schon ein Tulpengeschwader auffährt, sollten die Überbringer – der Herr in der ersten Reihe geht vor – Mut beweisen und zu Weiß greifen. Das war nicht nur die Farbe der kämpferischen Suffragetten, Weiß symbolisiert in der Blumensprache auch aufrichtiges Bedauern. Und Einsicht. Aber bis es so weit ist, haben die Frauen dieser Welt noch so manchen Strauß auszufechten.