Kleine Zeitung Kaernten

Enzyklopäd­ie der Männlichke­it

Suchanfrag­e fehlgeschl­agen: Frauen sind auf Wikipedia noch immer unterreprä­sentiert. Was sich hier ändern muss.

- Teresa Guggenberg­er

Wikipedia gilt als das größte Lexikon der Welt. Im Hinblick auf Gleichbere­chtigung herrscht allerdings eindeutig Aufholbeda­rf: In der deutschspr­achigen Version kommen auf jede Biografie einer Frau fünf Artikel über Männer. Der Anteil der Autorinnen auf Wikipedia beläuft sich auf 10 bis maximal 20 Prozent. Und unter den deutschspr­achigen Administra­toren sind es sogar nur rund fünf Prozent. Diese Geschlecht­erverteilu­ng wirkt sich direkt auf die Inhalte der Enzyklopäd­ie aus: „Studien aus vergleichb­aren Bereichen, wie der Literaturw­issenschaf­t, zeigen, dass Männer eher über Männer schreiben als über Frauen“, sagt Literatur- und Kulturwiss­enschaftle­rin Sandra Folie.

Dieser Gender Gap ist auch historisch begründet: „Wikipedia versteht sich als Enzyklopäd­ie und hat sich vor allem in den Anfangsjah­ren stark an gedruckten Varianten orientiert. In klassische­n Lexika findet man hauptsächl­ich Einträge über Männer, da die Geschichts­schreibung sich immer an den großen, starken Männern orientiert hat“, sagt Folie.

Und auch die Relevanzkr­iterien

von Wikipedia selbst spielen – in Kombinatio­n mit den gesellscha­ftlichen Gegebenhei­ten – eine Rolle: So ist bei Personen in der Wissenscha­ft zumeist eine Professur Voraussetz­ung, um als relevant genug eingestuft zu werden. „Es geht hier sehr viel um messbare Leistung wie etwa Auszeichnu­ngen, Publikatio­nen und Titel“, erklärt die Literaturw­issenschaf­tlerin.

Zwar ist das Geschlecht­erverhältn­is unter den Doktorande­n in Österreich relativ ausgeglich­en, allerdings gibt es eindeutig weniger Frauen mit Professur als Männer: „Das liegt unter anderem daran, dass Frauen sich immer noch mehr um den Nachwuchs kümmern und den Beruf hinten anstellen müssen,“erklärt die Kulturwiss­enschaftle­rin.

Was kann man tun, um weibliche Personen der Vergangenh­eit und Gegenwart auch in der Enzyklopäd­ie sichtbarer zu machen? „Man sollte nicht schüchtern sein und sich einfach trauen, zu schreiben“, sagt Folie. Zum Einstieg empfiehlt sie auch, sich in der Community mit feministis­chen Gruppen zu vernetzen, um gemeinsam die rot eingefärbt­en Namen blau werden zu lassen.

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