Glück ist, was man daraus macht
Seit Jahrzehnten befasst sich Michael Kunze mit dem Glück. Er verrät, warum der Frühling uns aufblühen lässt vor Glück und wie man dieses selbst beim Schopfe packen kann.
Der Frühling hält Einzug – die Vögel zwitschern, die Sonne scheint. Warum ist das Glücksgefühl zu dieser Zeit so stark? MICHAEL KUNZE: Es geht um den Aufbruch, um das Erblühen, das alles stimmt uns glücklich. Die Blumen, die Vögel – wir sind ja auch Teil der Natur. Dazu kommt, dass es länger hell ist, und Licht wirkt auf uns im Allgemeinen positiv. Natürlich hat dieses Glück aber auch mit unserem Hormonhaushalt zu tun.
Viele zieht es jetzt ins Freie: Kann man das Glück mit Bewegung in Gang bringen?
Ja, alle Studien zeigen, dass schon etwas mehr Bewegung in unserem Alltag unser Glücksniveau hebt. Leute, die sich regelmäßig bewegen, bauen auch intellektuell deutlich später ab.
In Ihrem „Glückskompass“haben Sie Ihre Jahrzehnte umfassende Forschungssammlung zum Thema zusammengefasst. Woher die Begeisterung?
In der Sozialmedizin beschäftigen wir uns ununterbrochen mit der Frage, wie es den Österreichern geht. Welche
Krankheiten haben sie? Welche Befindlichkeiten haben sie? Da landet man schnell bei Zufriedenheit und Glück. Und bei der Frage: Was ist Glück eigentlich?
Was sagt die Forschung?
Da gibt es keine einfache Antwort, weil Glück im Sprachgebrauch für alles Mögliche verwendet wird. Ich habe Glück, ich habe im Lotto gewonnen! Ich habe Glück, ich habe meinen Schal wiedergefunden! Wir wissen aber relativ genau, wie das Glücksgefühl im Gehirn zustande kommt. Der Neurotransmitter Dopamin ist zum Beispiel stark an diesem Prozess beteiligt. Die persönliche Aufgabe ist nun, zu erkennen, wie man dieses Gefühl auslösen
kann.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten. Man kann beispielsweise positive Erinnerungen (Flashbacks) nutzen. Diese kommen automatisch und werden sehr oft von Gerüchen ausgelöst. Man muss sich konzentrieren und sie erleben. Jeder hat sie, leider achtet man nur zu selten darauf. Aber sie machen glücklich.
Gibt es Menschen, die von Haus aus glücklicher sind als andere?
Es hängt von der Persönlichkeitsstruktur ab. Natürlich sind all jene im Vorteil, die optimistisch, offen für Neues und interessiert sind. Es geht aber auch stark um den Umgang mit den eigenen Fehlern.
Henne oder Ei: Macht uns Glück gesund oder sind wir glücklich, weil wir gesund sind?
Beides. Wir wissen, glückliche Menschen sind im Allgemeinen gesünder und Gesundheit kann glücklich machen – vor allem, wenn sie wiederhergestellt wurde. Wenn man gesund ist, nimmt man das aber als gegeben hin. Aber wenn Leute eine Krankheit überwunden haben, dann ist das ein großer Glücksspender. Übrigens auch für die Ärzte, auch sie stimmt Genesung glücklich, obwohl sie nicht persönlich betroffen sind.
Dann braucht das Glück also Pech oder Unglück, um überhaupt wahrgenommen zu werden?
Für viele ist der Sechser im Lotto der Inbegriff des Glücksfalls. Spielen Sie Lotto?
Ja, ich gewinne aber nichts. Aber beim Lottospielen kann man so schön tagträumen. Was würde man machen, wenn man gewinnen würde? Wem würde man etwas abgeben? Die Forschung sagt ja, dass es wesentlich ist, den Großteil zu verschenken, weil das noch zusätzlich glücklich macht.
Macht denn Geld glücklich?
Nein. Wenn ich mich ständig an einem Ideal, sagen wir an einem
Millionär messe, dann werde ich unglücklich werden, weil das unerreichbar ist. Wenn ich hingegen gerade ein bisschen mehr verdiene als mein Umfeld, so verschafft das laut Forschung ein gutes Gefühl.
Noch einmal zusammengefasst, was sind die Geheimnisse des Glücks?
Der Volksmund deckt sich vollkommen mit dem, was wir in der Forschung finden. Das Glück ist ein Vogerl, es fliegt, man muss es fangen, man kann es fangen.
Wie sieht man das
Glas? Halb leer oder halb voll? Und: Jeder
Mensch ist seines
Glückes Schmied.
Das stimmt durchaus, man hat sehr viel selbst in der Hand.