Explodierende Kurse, riesiger Energieverbrauch: Der Bitcoin lässt keinen kalt.
Wenn die Kryptobörse Coinbase den Schritt an die echte Börse wagt, wird das ein weiterer Schicksalstag für Bitcoin und Co. Sie ziehen immer mehr Großinvestoren in ihren Bann.
Kryptowährungen wie Bitcoin, Ethereum, Cardano oder Polkadot waren die längste Zeit ein Randphänomen im globalen Wirtschaftssystem. Interessant für Zocker und TechnikEnthusiasten, aber wegen radikaler Kursbewegungen zu riskant für sicherheitsbewusste Investoren. Das könnte sich kommenden Mittwoch ändern. Die US-Kryptobörse Coinbase wagt den Schritt an die „echte“Börse und schlägt damit eine Brücke zwischen der Welt der Coins und Tokens und jener, in der Gold, Aktien, Euro oder Dollar zählen.
68 Milliarden USDollar beträgt die Bewertung des Unternehmens, das 2012 vom ehemaligen AirbnbMitarbeiter Brian Armstrong und dem Ex-Banker Fred Ehrsam gegründet wurde. 45 Millionen Kunden tauschten auf der Plattform ihre Dollars gegen Kryptowährungen. Das brachte dem Unternehmen laut Börsenprospekt 2020 rund 1,3
Milliarden US-Dollar Umsatz, eine Verdoppelung gegenüber dem Jahr davor. Der Gewinn lag bei 322 Millionen Dollar.
Einen Höhenflug erlebt die Tauschbörse Bitpanda in Österreich. Nach der letzten Finanzierungsrunde ist das Unternehmen mehr als eine Milliarde Euro wert. „Beide Unternehmen profitieren von der Kursentwicklung von Bitcoin“, sagt Johannes Grill von Bitcoin Austria, einem Verein, der über
Kryptowährungen aufklären will. Seit Oktober 2020 stieg der Preis der Bitcoin von rund 10.000 US-Dollar auf den Höchstwert von 60.000 Dollar. Unglaubliche 2000 Milliarden US-Dollar stecken inzwischen im Kryptomarkt. In den vergangenen Wochen pendelte der Kurs zwischen 52.000 und 58.000 Dollar, eine übliche Schwankungsbreite. „Es hat sich ein neues Normal gebildet, der Kurs stabilisiert sich“, sagt
Grill. Kryptowährungen bleiben ein hochriskantes Investment. Beide Boom-Phasen (2013 und 2017) für Bitcoin endeten mit Crashs.
Ein Grund für den rasanten Anstieg sei das steigende Interesse richtig großer Investoren, erklärt Wolfgang Dirnberger. Der Oberösterreicher lebt seit Jahrzehnten im Schweizer Ort Zug, der sich zum „Crypto-Valley“entwickelt hat. „Noch vor wenigen Jahren hat die Großbank J.P. Morgan Bitcoin verteufelt. Inzwischen bereitet sie sich auf einen Einstieg vor.“Eine große Auswirkung hatte das Halving, technische Verknappung des Angebots, im Frühjahr 2020. Schon in den Jahren zuvor führte das stets zu Kurssprüngen. Bitcoin-Profi Grill glaubt, dass es weiter hinaufgehen könnte. Börsenprofis nennen die derzeitige Situation Contango. Dabei übersteigen die Preise für eine Lieferung in der Zukunft (Futures) den aktuellen Preis. „Man kann heute eine Bitcoin kaufen und dann einen Future für Oktober mit zehn bis zwanzig Prozent Aufschlag verkaufen.“Der Käufer rechne damit, dass der Bitcoinpreis in sechs Monaten noch höher sein wird als der im Future vereinbarte Preis, so Grill.
IT-Giganten wie Microsoft, Google, Facebook oder Amazon würden derzeit Systeme etablieren, die es ermöglichen, am Kryptoboom mitzuverdienen, erklärt Dirnberger. Paypal und Tesla machen es vor. In seinem Buch „Mysterium Blockchain“blickt Dirnberger auf die Hintergründe dieser Entwicklung. Bitcoin sei nur die Spitze des Eisbergs. Daneben gibt es viele Coins, die wie eine Art digitaler Vertrag funktionieren. Von der Finanzierung von Immobilienprojekten bis zur Abwicklung von Versicherungsleistungen oder dem automatisierten Handel mit Sensordaten reichen die Anwendungen. „Bitcoin wird immer Bedeutung haben, vergleichbar mit Gold.“