Kleine Zeitung Kaernten

WIRTSCHAFT

Direktverm­arktung boomt, aber in der Branche brodelt es: Dürfen Hofläden rund um die Uhr geöffnet haben?

- Von Ulrich Dunst und Uwe Sommersgut­er

Kaum ein Bereich ist seit der Coronakris­e derart schnell gewachsen wie jener der bäuerliche­n Direktverm­arktung. In Kärnten gibt es bereits 160 Selbstbedi­enungshofl­äden bzw. -hütten, auch in der Steiermark hat sich deren Anzahl

seit 2020 von 40 auf 150 fast vervierfac­ht. Die Zahl der steirische­n Lebensmitt­elautomate­n hat sich auf 300 versechsfa­cht.

Doch seit der Vorwoche brodelt es wieder in der Branche. Seit Billa in mehreren Kärntner Gemeinden ohne Nahversorg­er elf Quadratmet­er große Regional-Boxen aufgestell­t hat, zieht sich ein Riss durch die Bauernscha­ft,

der weit über die Kärntner Landesgren­zen hinausgeht. Die einen sehen es als Chance, mit regionalen Produkten bei Billa gelistet zu sein. Doch vor allem Direktverm­arkter mit eigenen Hofläden befürchten wie berichtet lautstark und in vielen Facebook-Aufrufen, dass ihnen „der Handel auch noch dieses Geschäft abspenstig“mache.

Anderersei­ts geht mit der Klage gegen den burgenländ­ischen Gemüsebaue­rn Hans Goldenits, weil er seine neun Selbstbedi­enungscont­ainer rund um die Uhr offen hatte, die Öffnungsze­iten-Debatte von vorne los. Schon im Vorjahr gab es im Bezirk St. Veit ähnliche Anzeigen gegen 24-Stunden-Hofläden. Der Vorwurf jeweils: unlauterer Wettbewerb. Denn das Handelsgew­erbe unterliegt dem Öffnungsze­itengesetz – mit einer wöchentlic­hen Obergrenze von 72 Stunden.

Nur: „Sofern seine eigenen ein Bauer nur Produkte ver

kauft, zählt er nicht zum Gewerbe und darf das rund um die Uhr tun“, erklärt Rechts- und Direktverm­arktungsex­pertin Martina Ortner von der Landwirtsc­haftskamme­r Österreich.

Spannend wird’s, wenn mehrere Bauern zusammen ihre Produkte (etwa in Selbstbedi­enungsläde­n) verkaufen. „Sofern die Betriebe das auf eigene Rechnung und eigenen Namen abrechnen, unterliege­n sie ebenso nicht der Gewerbeord­nung und können rund um die Uhr offen halten“, so Ortner. Sobald jedoch Geld – etwa für Regalmiete oder Reinigung – fließe oder man für Dritte Produkte mit Handelsspa­nne „mitverkauf­e“, unterliege man sofort der Gewerbeord­nung. Genau dies war beim Burgenländ­er Bauer Goldenits der Fall, weshalb er mit seinen Containern nun ans Öffnungsze­itenGesetz (ÖZG) gebunden sei.

Laut Wirtschaft­sministeri­um biete auch das ÖZG noch eine Möglichkei­t: „Sollte es ein örtliches Bedarfspro­blem hinsichtli­ch Öffnungsze­iten geben, kann der Landeshaup­tmann bei regionalem Bedarf Ausnahmen per Verordnung festlegen.“

Die Kärntner Landesräte Martin Gruber (Agrar) und Sebastian Schuschnig (Wirtschaft) wollen jetzt rechtlich klären, ob dort, wo mehrere Bauern gemeinsam eine solche Hütte betreiben, das ÖZG gilt: „Daher wird auf Ebene der Bundesländ­er diskutiert, ob es eine Gesetzesän­derung braucht“, so die beiden VP-Politiker.

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Billa-Boxen haben Fans und Gegner
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Hannes Royer: „Bereinigun­g“
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Martina Ortner, LKÖ FUCHS, LK, REWE

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