INTERNATIONAL
Joe Biden verpasst den USA ein ehrgeiziges Ziel: Bis 2030 sollen die CO2-Emissionen halbiert werden.
Wie sehr tragen wir Europäer Mitschuld daran, dass der Regenwald aus der Ferne ausgebeutet wird?
OLIVIA HERZOG: Unser neuer Report zeigt, dass die EU 16 Prozent der globalen Regenwaldzerstörung verantwortet und hinter China (24 Prozent) der zweitgrößte Sünder ist: Vor allem für Anbau und Produktion von Soja und Palmöl müssen Wälder in Südamerika und Südostasien weichen. Der internationale Handel mit Agrarrohstoffen befeuert die Biodiversitätsund Klimakrise. Ausdehnung und Erschließung landwirtschaftlicher Flächen in tropischen Regionen führen dazu, dass dort jährlich fünf Millionen Hektar Wald in Agrarland umgewandelt werden. Geplante Ausweitungen der Fleischexporte durch Abkommen wie Mercosur würden die Naturzerstörung weiter antreiben.
Wie schätzt der WWF das Mercosur-Abkommen (Freihandelszone zwischen der EU und dem südamerikanischen Staatenbund, Anmerkung) insgesamt ein?
EU-Mercosur wurde im vergangenen Jahrhundert geplant. Es bräuchte ein zeitgemäßes Abkommen, das Klima, Natur und insbesondere den Regenwald schützt – und zwar vertraglich fixiert, kontrollierbar und sanktionierbar. Der WWF fordert auf, das Abkommen in dieser Form nicht zu ratifizieren.
Was sollte sich also ändern? Der Fokus sollte auf ein starkes Lieferkettengesetz gelegt werden, das garantiert, dass am Ende keine Entwaldung auf unseren Tellern landet. Die EU muss mit ihren Mitgliedsländern sicherstellen, dass artenreiche Naturräume geschützt werden. Importierte Agrarrohstoffe müssen hohen Umweltstandards entsprechen, Unternehmen Produktionszyklen transparent machen.
Es gibt Alternativen, die Konsumenten in alltäglichen Kaufentscheidungen bevorzugen können – aber die Politik ist gefordert, dafür die richtigen Rahmenbedingungen zu schaffen. Produkte, die für Naturzerstörung verantwortlich sind, dürfen erst gar nicht in den Regalen landen.
Weniger, dafür aber besseres und unter besseren Bedingungen produziertes Fleisch kaufen! Palmöl findet sich meist in verarbeiteten Produkten: besser selbst kochen, etwa mit Rapsöl!
Es braucht in erster Linie Transparenz, die aber gesetzlich geschaffen werden muss. Produkte, die auf Europas Markt landen, dürfen nicht mehr auf Kosten der Natur produziert werden. Genau dafür muss sich auch Österreichs Bundesregierung in Brüssel einsetzen.
Wie groß ist die Macht multinationaler Lebensmittelkonzerne? Lebensmittelkonzerne tragen große Verantwortung. Sie agieren oft international und beeinflussen durch ihr Angebot das Konsumverhalten. Zudem sind sie Arbeitgeber und Wirtschaftsfaktor. Ihr politischer Einfluss darf nicht unterschätzt werden. Besonders dann, wenn wenige Konzerne einen Markt dominieren und es keinen strengen gesetzlichen Rahmen gibt, kann die Qualität leiden. Dann werden auch natürliche Ressourcen ausgebeutet.
Hatte Corona einen nennbaren positiven Effekt auf den Konsum? Für viele Menschen sind im letzten Jahr Bedeutung und Herkunft der eigenen Ernährung und der Herkunft ihrer Nahrungsmittel verstärkt in den Fokus gerückt. Besonders am Beginn der Pandemie gab es eine deutlich erhöhte Nachfrage nach regionalen und ökologischer produzierten Lebensmitteln. Es wäre natürlich wünschenswert, wenn sich dieser Trend langfristig fortsetzt.