„Generation Corona“: Nicht verloren, aber einfach vergessen
Junge leiden wie sonst kaum jemand in der Krise. Dennoch sind sie verantwortungsbewusst und halten immer noch tapfer durch. Das muss nur endlich einmal wer sehen.
Erster Kuss mit Kontaktbeschränkungen? Unmöglich. Auslandsjahr nach der Matura? Denkste. Große Geburtstagsfeiern und Partys im Club mit Freunden? Träum weiter. Eine Lehrstelle, ein Praktikum oder gar einen Job finden, ist schwer, die Arbeitslosigkeit unter jungen Menschen ist hoch. Aktuell (AMS-Daten per Ende Jänner) sind mehr als 72.000 Menschen unter 25 Jahren arbeitslos oder in Schulungen des Arbeitsmarktservice (AMS). Das sind 10.000 mehr als im Jahr 2020.
Die Coronazeit ist Inbegriff für die Zeit der versäumten Erlebnisse geworden, für die noch Jüngeren die Zeit der versäumten ersten Male. Die Jugend wird gebeutelt in der Phase des Wachstums. Ihr geht es nicht gut. Die Krise trifft sie mit voller Wucht und stärker als viele anderen. Und dennoch heißt es seit Ausbruch der Pandemie, also seit über einem Jahr, in
Dauernehmen. schleife: Reißt euch zusammen, passt auf, das dürft ihr nicht, nehmt doch Rücksicht!
Wenigstens haben die Jungen sich selbst als Gemeinschaft. Die Solidarität untereinander – die die ganze Bevölkerung zunächst lautstark verlangt und dann selbst vernachlässigt hat –, hat sich die Jugend zu Herzen genommen und in die Tat umgesetzt. Corona hat die vergangenen Monate zu einem kollektiven Erleben gemacht, zu einem gemeinsamen Leid. Jeder junge Mensch ist mehr oder weniger betroffen, an niemandem geht die Pandemie spurlos vorüber. Es gelten die gleichen Einschränkungen für alle, wir sitzen im selben Boot. Es geht dir nicht gut, du bist in einem Motivationstief ? Schau, gleich um die nächste Ecke, im nächsten Chatroom, in der nächsten Whatsapp-Gruppe sind Leute, denen es ähnlich geht. Etwas von dem Druck, den die Jungen in Zeiten von Erlebnisgier gepaart mit der Übertrumpfung der anderen so oft verspüren, fällt ab. Wer muss schon Angst davor haben, etwas zu verpassen, wenn derzeit jeder alles verpasst?
Dann wären da die Fähigkeiten, die die „Generation Corona“sich aneignet. Zwischen Distanzunterricht und Online-Lehre auf der Uni und dem Umstand geschuldet, dass den Jungen niemand so wirklich über die Schulter schaut, haben sie gelernt, selbstständig zu sein, sich ihre Zeit einzuteilen und Verantwortung für ihr Tun zu über
Sie haben gelernt, ihre Probleme selbst in die Hand zu nehmen. Und das, obwohl mittlerweile jeder zweite Jugendliche sich belastet fühlt, so eine Umfrage des GallupInstituts. „Wir haben Grund zur Sorge. Den Jugendlichen wird derzeit alles weggenommen“, sagte etwa Psychotherapeutin Martina LeiboviciMühlberger kürzlich im Interview. Schlafstörungen, Depressionen und Erschöpfung sind nur ein kleiner Teil der Palette, mit der Junge zu kämpfen haben. Aber sie reden darüber. Ob in sozialen Netzwerken, am Telefon oder persönlich mit Abstand. Sie verwandeln das Tabuthema psychische Krankheiten langsam in ein Alltagsthema. Die