Kleine Zeitung Kaernten

„Generation Corona“: Nicht verloren, aber einfach vergessen

Junge leiden wie sonst kaum jemand in der Krise. Dennoch sind sie verantwort­ungsbewuss­t und halten immer noch tapfer durch. Das muss nur endlich einmal wer sehen.

- Von Anna Stockhamme­r

Erster Kuss mit Kontaktbes­chränkunge­n? Unmöglich. Auslandsja­hr nach der Matura? Denkste. Große Geburtstag­sfeiern und Partys im Club mit Freunden? Träum weiter. Eine Lehrstelle, ein Praktikum oder gar einen Job finden, ist schwer, die Arbeitslos­igkeit unter jungen Menschen ist hoch. Aktuell (AMS-Daten per Ende Jänner) sind mehr als 72.000 Menschen unter 25 Jahren arbeitslos oder in Schulungen des Arbeitsmar­ktservice (AMS). Das sind 10.000 mehr als im Jahr 2020.

Die Coronazeit ist Inbegriff für die Zeit der versäumten Erlebnisse geworden, für die noch Jüngeren die Zeit der versäumten ersten Male. Die Jugend wird gebeutelt in der Phase des Wachstums. Ihr geht es nicht gut. Die Krise trifft sie mit voller Wucht und stärker als viele anderen. Und dennoch heißt es seit Ausbruch der Pandemie, also seit über einem Jahr, in

Dauernehme­n. schleife: Reißt euch zusammen, passt auf, das dürft ihr nicht, nehmt doch Rücksicht!

Wenigstens haben die Jungen sich selbst als Gemeinscha­ft. Die Solidaritä­t untereinan­der – die die ganze Bevölkerun­g zunächst lautstark verlangt und dann selbst vernachläs­sigt hat –, hat sich die Jugend zu Herzen genommen und in die Tat umgesetzt. Corona hat die vergangene­n Monate zu einem kollektive­n Erleben gemacht, zu einem gemeinsame­n Leid. Jeder junge Mensch ist mehr oder weniger betroffen, an niemandem geht die Pandemie spurlos vorüber. Es gelten die gleichen Einschränk­ungen für alle, wir sitzen im selben Boot. Es geht dir nicht gut, du bist in einem Motivation­stief ? Schau, gleich um die nächste Ecke, im nächsten Chatroom, in der nächsten Whatsapp-Gruppe sind Leute, denen es ähnlich geht. Etwas von dem Druck, den die Jungen in Zeiten von Erlebnisgi­er gepaart mit der Übertrumpf­ung der anderen so oft verspüren, fällt ab. Wer muss schon Angst davor haben, etwas zu verpassen, wenn derzeit jeder alles verpasst?

Dann wären da die Fähigkeite­n, die die „Generation Corona“sich aneignet. Zwischen Distanzunt­erricht und Online-Lehre auf der Uni und dem Umstand geschuldet, dass den Jungen niemand so wirklich über die Schulter schaut, haben sie gelernt, selbststän­dig zu sein, sich ihre Zeit einzuteile­n und Verantwort­ung für ihr Tun zu über

Sie haben gelernt, ihre Probleme selbst in die Hand zu nehmen. Und das, obwohl mittlerwei­le jeder zweite Jugendlich­e sich belastet fühlt, so eine Umfrage des GallupInst­ituts. „Wir haben Grund zur Sorge. Den Jugendlich­en wird derzeit alles weggenomme­n“, sagte etwa Psychother­apeutin Martina LeiboviciM­ühlberger kürzlich im Interview. Schlafstör­ungen, Depression­en und Erschöpfun­g sind nur ein kleiner Teil der Palette, mit der Junge zu kämpfen haben. Aber sie reden darüber. Ob in sozialen Netzwerken, am Telefon oder persönlich mit Abstand. Sie verwandeln das Tabuthema psychische Krankheite­n langsam in ein Alltagsthe­ma. Die

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