Motiviert lernen von zu Hause aus
Eine der größten Herausforderungen im Distance Learning: Sich Tag für Tag zu motivieren. Wie das gelingt, erklärt Psychologin Susanne Glantschnig
Online statt Präsenz und jeden Tag dasselbe Spiel: Aufstehen, frühstücken, ab vor den Laptop. Seit Mitte März 2020 sieht so der Alltag für viele Schüler und Studierende in Österreich aus. Spurlos vorbei geht das an den Lernenden nicht: Die Umstellung von Präsenzauf Distanzlehre wirkt sich einer Studie zufolge negativ auf die Lernmotivation aus. Besonders auffällig ist dabei der Rückgang der intrinsischen Motivation.
Aber was ist die intrinsische Motivation eigentlich? Susanne Glantschnig, Psychologin und Psychotherapeutin mit eigener Praxis in Klagenfurt, erklärt: „Die intrinsische Motivation entsteht von innen, aus dem eigenen Antrieb heraus – durch Freude an der Tätigkeit selbst, wie das zum Beispiel bei Hobbys der Fall ist.“Ex
trinsische Motivation entstünde hingegen aufgrund äußerer Reize wie Geld oder Ansehen. Möchte man aus eigenem Antrieb heraus lernen, ist die Lernmotivation entsprechend am stärksten. Wie aber lässt sich Motivation auch in Zeiten von Distance Learning hochhalten?
Bereichen des Lebens ist die richtige Herangehensweise das A und O. Laut der Psychologin umfasst diese beim Home Learning neben einer genauen Tagesstruktur und Lernfokus die eigene Motivation. Besonders wichtig ist dabei die Organisation, die ein fokussiertes Lernen zu bestimmten Arbeitszeiten ermöglicht. Schließlich birgt der Uni-Alltag in den eigenen vier Wänden das ein oder andere Risiko: Nirgendwo sonst lauern so viele Ablenkungen wie zu Hause. Die Expertin empfiehlt daher, den Arbeitsplatz vor Beginn der Lerneinheit aufzuräumen und nicht zum Lernen benötigte Sachen wegzuräumen.
„Beim Einstieg in den Arbeitsmodus hilft außerdem ein sinnvoller Zeitplan. Tägliche To-do-Listen und Wochenpläne schaffen die nötige Übersicht.“Dazu gehören auch fixe Zeiten für Start und Ende der Arbeitszeit. Das gilt übrigens auch für Pausen. Genutzt werden sollten diese, um sich zu entspannen. „Aber Achtung, Computerspiele oder Fernsehen machen den Wiedereinstieg und die Konzentration auf das Lernen danach oft schwieriger“, weiß Susanne Glantschnig. Sie rät dazu, mit solchen Aktivitäten besser bis
zur Freizeit zu warten. Auch die Aussicht auf Belohnung fördert die Motivation. Nach der Arbeitszeit kann dann bewusst in den Freizeitmodus gewechselt und die Lieblingsaktivität genossen werden.
Wesentlich für die Motivation sind einer Studie zufolge auch Erfolgserlebnisse. Damit diese eintreten können, sollte am Anfang ein schaffbares Arbeitspensum festgelegt werden. „Bei umfassenden und schwierigen Aufgaben sind kleine Schritte am Weg zum Ziel die beste Wahl.“So stellen sich schneller und öfter Erfolgserlebnisse ein, der Ansporn zum Weitermachen steigt enorm.
Förderlich für die Motivation können zudem selbstbestimmte Ziele sein: „Allerdings nur dann, wenn sie für die Person wirklich wichtig sind und die Eintrittswahrscheinlichkeit realistisch ist.“Abwechslungsreiche Inhalte, soziale Interaktionen innerhalb der Kurse und positive Rückmeldungen in Verbindung mit herausfordernden Inhalten verstärken laut der Psychotherapeutin zudem die Motivation von außen.
Dass hin und wieder Lernfrust aufkommt, lässt sich dennoch nicht vollends vermeiden. „Zu Hause lernen, dazu noch allein: Das geht an die Substanz“, weiß die Expertin. „Nicht jeder Lernstoff lässt sich gleich gut bewältigen, das ist normal.“Umso wichtiger ist es, die eigenen Gedanken in solchen Momenten mit Menschen zu teilen, denen man vertraut: „Man sollte offen über ein Tief, Sorgen oder Ängste reden dürfen. Wenn es an Mut oder den richtigen Worten fehlt, kann es eine große Hilfe sein, den Vertrauenspersonen zu schreiben.“Die eigenen Sorgen zu thematisieren, ist nicht nur erleichternd, so kann man sich auch gegenseitig motivieren oder sich Unterstützung beim Bewältigen des Lernstoffes einholen.
Um die Motivation nach einem Tief wieder anzukurbeln, spielen Bewegung und Sport eine wichtige Rolle. Ob ein Spaziergang oder eine kurze Radtour: „Der Abbau von Stress und Unruhe gelingt mit Bewegung hervorragend. Körper und Geist bekommen wieder Energie, die viel zitierten Glückshormone zeigen ihre Wirkung.“
Trotz all der Herausforderungen bringt das Distance Learning auch positive Aspekte mit sich. Die Expertin verweist auf eine Studie der Universität Wien, nach der sich den befragten Studierenden zufolge sowohl das selbstständige Lernen wie auch das Zeitmanagement verbessert hat. Neu erworbene Qualifikationen sieht die Psychotherapeutin auch bei Schülern: „Sie sind in der Selbstorganisation viel mehr gefordert als die Jahrgänge davor. Diese Kompetenzen sind für das Berufsleben enorm wertvoll.“