„Verharmlosung befeuert nur die Angst“
Die depressive Symptomatik bei jungen Menschen ist stark angestiegen. Kinder- und Jugendpsychiater Paulus Hochgatterer erklärt, warum letztlich aber mehr Positives als Narben bleiben wird.
Die Pandemie ist längst zu einer psychischen Krise für Jugendliche geworden. Aktuelle Studien ergeben, dass psychosomatische Leiden bei jungen Menschen stark angestiegen sind. So hat sich beispielsweise am Universitätsklinikum in Graz die Zahl der jugendlichen Patienten verdoppelt. Paul Plener, Leiter der Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Wiener AKH, sprach in einem Interview sogar von einer Triage. Im Jänner war man auf der Station voll ausgelastet und schlug Alarm. Trifft Corona demnach die Jugend härter als die Älteren?
PAULUS HOCHGATTERER: Das mag vielleicht banal klingen, aber Corona trifft und betrifft uns alle. Festhalten kann man aber, dass junge Menschen
mit anders damit umgehen als Erwachsene. Sie finden verschiedene Formen, um mit der Pandemie und den daraus resultierenden Folgen zurechtzukommen.
Sozusagen Kompensationsmechanismen?
Ja, genau. Ich denke da an den Bereich der sozialen Medien, den junge Menschen momentan in einer ganz besonders intensiven Form nutzen. Dadurch wird ein wesentlicher Teil kompensiert, nämlich der Wegfall der realen sozialen Kontakte.
Studien zufolge sind Schlaf-, Angst- und Essstörungen bei Jugendlichen die häufigsten Folgen aufgrund der Pandemie. Denkt man an die inszenierten Welten von Influencerinnen auf Instagram,
Das stimmt, heißt aber nicht, dass alle Jugendlichen ein solches Krankheitsbild entwickeln. Was aber hinzukommt, ist, dass entscheidende korrigierende Mechanismen, zum Erhalt der psychischen Gesundheit, gänzlich weggebrochen sind. Das sind die soziaSicherheit
geboren 1961 in Amstetten, leitet seit 2007 die Abteilung der Kinder- und Jugendpsychiatrie der Universitätsklinik in Tulln. Seit den 1980er-Jahren ist er auch als Schriftsteller tätig. Hochgatterer ist verheiratet und hat einen Sohn. len Kontakte. Für junge Menschen spielt es eine äußerst wichtige Rolle, Freunde treffen zu können.
Gibt es Jugendliche, die intensiver von den Auswirkungen betroffen sind?
Man kann sagen, dass gewisse Jugendliche die Auswirkungen der Pandemie stärker zu spüren bekommen. Das sind vor allem jene, die besonders vulnerabel sind, Probleme in ihrer Identitätsfindung haben oder psychisch vorbelastet sind.
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