Rüsten gegen die Delta-Variante
Sorge vor der nächsten Welle: Etliche europäische Länder verschärfen jetzt schon wieder ihre Maßnahmen im Kampf gegen die Pandemie.
In England herrschte am Wochenende Hochstimmung. Wer kann es den Leuten verdenken? Nach 16 Monaten mehr oder weniger Lockdown ist in den Pubs und auf den Straßen wieder etwas los.
Dass die Euro 2020 in diesem Sommer 2021 zum Ventil für lang angestaute soziale Bedürfnisse werden würde, war abzusehen. Alle Welt giert derzeit nach Freizeit, nach Interaktion. In England selbst hat die Regierung durch die Zulassung von 65.000 Fans zum EM-Finale ins Wembley-Stadion der ganzen Nation zu verstehen gegeben, dass sie Distanzierung nicht mehr für nötig hält. Doch weder Delta-Variante war die Zahl der neuen Coronafälle in Großbritannien in den vergangenen Wochen wieder in die Höhe geschossen.
Nach den vorläufigen Ergebnissen einer Studie des Imperial College London und des Marktforschungsunternehmens Ipsos Mori wurden in Großbritannien zuletzt erstmals mehr Männer positiv auf das Coronavirus getestet als Frauen. Laut den Autoren könnte dies daran liegen, dass sich die vorwiegend männlichen Fußballfans zuhauf in Stadien, Fanzonen und Pubs versammelten, um die EMSpiele mitzuverfolgen.
Vom 19. dieses Monats an, dem sogenannten „Freedom Day“, sollen ja auch die Maskenpflicht und die meisten anderen Restriktionen fallen – wiewohl man im optimistischsten Fall mit 100.000 täglichen Neuinfektionen bereits im August rechnet. In welchem Maße das große Fußballfest die aktuelle Covid-19-Welle in Britannien weiter anschwellen lässt, bleibt abzuwarten. Erfreulich wird das Ergebnis aber nicht sein, darin sind sich Epidemiologen und Virologen einig.
Trotz steigender Infektionszahlen hat die britische Regierung signalisiert, an der Aufhebung der verbliebenen Coronagen
regeln in England festhalten zu wollen. Er sei „zuversichtlich“, dass man mit der nächsten Lockerungsstufe fortfahren könne, sagte der für die britische Impfkampagne zuständige Staatssekretär Nadhim Zahawi am Sonntag dem Sender Sky News.
Die britische Regierung entscheidet heute, ob der 19. tatsächlich der Freedom-Day werden soll. Premierminister Boris Johnson hatte die Lockerungen vor einer Woche, aber auch die heutige Prüfung angekündigt. Es wird erwartet, dass er trotz des enormen Anstiegs der Zahl der Neuinfektionen an seinen Plänen festhält und die Rückkehr zur Normalität ankündigt. Koste es, was es wolle.
Damit würden im größten britischen Landesteil, in England, gegen den Rat von Wissenschaftlern schon in einer Woche Abstandsregeln und Maskenpflicht fallen. ImpfStaatssekretär Nadhim Zahawi ließ jedoch durchblicken, dass das Tragen eines Mund-NasenSchutzes auch nach dem 19. Juli in geschlossenen Räumen „erwartet“werde. Gesundheitsminister Sajid Javid sagte dem „Sunday Telegraph“, jeder, der in einem geschlossenen Raum keine Maske trage, handle „einfach unverantwortlich“.