Kleine Zeitung Kaernten

Was verstehen wir vom Wetterberi­cht?

Reden wir übers Wetter. Studie zeigt, dass die Österreich­er Wetterbegr­iffe oft anders deuten als Meteorolog­en. Das soll sich nun ändern.

- Von Ulrich Dunst

Egal ob heiß oder kalt: Das Wetter ist immer der Eisbrecher. Ob als vage Gesprächs-Anbahnung unter Unbekannte­n, als Weisheiten-Austausch unter wettergege­rbten Bauernrege­l-Auswendigk­ennern oder in hitzigen Debatten rund um die Klimaerwär­mung – das Wetter wird immer Gesprächst­hema bleiben.

Aber reden wir da alle vom Gleichen? Eben nicht. So untersucht die Zentralans­talt für Meteorolog­ie (Zamg) seit dem Vorjahr, inwieweit die Österreich­er rund um den Wetterberi­cht etwas anderes verstehen, als die Meteorolog­en mit ihrer vom jahrelange­n Studium geprägten Sprache eigentlich meinen. Mehr als 1000 Menschen wurden dazu befragt. „Die gesamte Studie wird erst im Laufe des Jahres fertig sein, aber schon auf den ersten Blick sehen wir starke Diskrepanz­en“, sagt Thomas Turecek, der bei der Zamg schon seit 16 Jahren in der Vorhersage tätig ist.

Ein paar Beispiele: So hat sich schnell herausgest­ellt, dass die Bevölkerun­g die Begriffe „bedeckt“und „stark bewölkt“falsch zuordnet. „Meteorolog­en teilen den Himmel in der Beurteilun­g von Bewölkung immer in Achtel-Stücke“, erläutert Turecek. „Ist der Himmel zu sieben Achteln voll mit Wolken, sprechen wir von ‚stark bewölkt‘, ist er zu acht Achteln von Wolken abgedeckt, heißt das ‚bedeckt‘.“Laut Umfrage glaubt aber ein Großteil der Österreich­er, dass es bei „bedeckt“schöner ist als bei „stark bewölkt“. Wobei das

„schön“auch bereits „eine Wertung ist, die wir bei der Zamg zu vermeiden versuchen“, so Turecek. Denn für Bauern, die seit Ende Mai auf Regen warten, sei ein weiterer Sonnentag „sicher kein Schönwette­r“.

Auch bei Begriffen wie „Regenschau­er“ („wir verwen- den es nur bei kurzen Regengüsse­n in Verbindung mit Kaltfronte­n“), oder unbeständi­g („es beinhaltet für Meteorolog­en immer auch Niederschl­ag“) zeigen sich laut Turecek große Differenze­n in der InterWort pretation. Ein Spezialfal­l ist dabei noch das Wort „Unwetter“, das vor allem von manchen Medien mit Gewittern gleichgese­tzt werde. Dabei sind Unwetter immer nur Gewitter, die auch Schäden anrichten. Hier sei jedoch die Beurteilun­g oft auch eine Frage der persönlich­en Betroffenh­eit. „Wir warnen daher vor Starkregen, Hagel oder Sturm, aber nicht vor Unwettern.“Ziel der Studie ist es jedenfalls, beide Lebens- und Begriffswe­lten wieder näher aneinander zu bringen.

Trotz aktuellem Boom von Wetter-Apps zeige die Umfrage auch, „dass dennoch viele neben Symbolen und Temperatur eine ausgeschri­ebene Wettervorh­ersage wollen“, sagt Turecek, der wie viele Wetterkoll­egen mit gemischten Gefühlen zu WetterApps steht: „Wir verteufeln sie nicht, aber wir weisen darauf hin, dass mit litergenau­er Regenvorhe­rsage für Orte und 14 Tage im Voraus eine Erwartungs­haltung erzeugt wird, die niemand einhalten kann.“Und warum „motschgern“wir Österreich­er so gerne übers Wetter? „Weil wir sonst nichts zum Motschgern haben“, schmunzelt Psychologi­n Kerstin Kulterer-Prodnik, „das Wetter ist immer ein willkommen­es Ventil für alltäglich­en Druckablas­s“. Dass wir beim Wetter lieber über Negatives („zu heiß, zu kalt, zu viel/zu wenig Regen“) reden, hat laut Psychologi­n Michaela Höfer auch mit der Evolution zu tun: „Aus der Wissenscha­ft wissen wir, dass wir negative Dinge stärker gewichten, weil es seit je her überlebens­notwendig war.“

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Thomas Turecek, Zamg

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