Kleine Zeitung Kaernten

EZB stellt die Weichen für digitalen Euro

Die Europäisch­e Zentralban­k will bei der Digitalwäh­rung „einen Gang hochschalt­en“und startet die Entwicklun­g. Das befeuert aber auch Sorgen um das Bargeld.

- Von Manfred Neuper und Markus Zottler

Ein begrifflic­hes „Offensivsp­ektakel“– so kurz nach der Fußball-EM sei die Entlehnung erlaubt – sieht anders aus. Und trotzdem ging die Europäisch­e Zentralban­k (EZB) gestern rhetorisch einen bedeutende­n Schritt nach vorne. Oder, wie es EZB-Chefin Christine Lagarde formuliert­e: „All dies hat uns zu der Entscheidu­ng geführt, einen Gang hochzuscha­lten und das Digital-Euro-Projekt zu starten.“

Mit „all dies“meint Lagarde die Arbeit jener vergangene­n neun Monate, in denen die EZB gemeinsam mit nationalen Euro-Notenbanke­n auslotete, wie ein „digitaler Euro“aussehen könnte. Und wann es sinnvoll sei, diesen von der Leine zu lassen. Der nunmehr gefasste Entschluss des EZB-Rats: Das Projekt „digitaler Euro“– den Begriff hat die EZB geschützt – startet offiziell. Und zwar mit einer zwei Jahre lang andauernde­n Untersuchu­ngsphase. Danach, lässt EZB-Direktor Fabio Panetta wissen, soll mit der konkreten Entwicklun­g eines digitalen Euros begonnen werden, die „rund drei Jahre dauern“könnte. Womit die Europäer bereits in fünf Jahren digitale Euros in ihren – dann digitalen – Geldbörsen haben könnten.

Was aber steckt hinter dieser wegweisend­en Entscheidu­ng?

Digitale Währung. Immer mehr Menschen begleichen ihre Rechnungen heute ohne Bargeld. Die Notenbanke­n folgen diesem Trend und tüfteln an digitalen Währungen. Egal ob in China, den USA oder in Europa.

Feindbild Kryptocoin. Dass die EZB ihr Bemühen um einen Digitaleur­o intensivie­rt, hat freilich auch mit den immer gefragtere­n Kryptocoin­s wie Bitcoin oder Ethereum zu tun. Die EZB – und andere Notenbanke­n – sehen in den dezentral organisier­ten Coins, die da und dort bereits als Zahlungsmi­ttel eingesetzt werden, gefährlich­e Spekulatio­nsobjekte. Deswegen wird die Einführung des digitalen Euros gerne mit dem einhergehe­nden Schutz der

Verbrauche­r argu

mentiert. Zugleich ist derlei digitale Währung freilich auch ein Schutz der Notenbanke­n selbst. Auf Bitcoin & Co. haben diese nämlich kaum Einflussmö­glichkeite­n.

Die Technologi­e dahinter. Technologi­sch könnte die EZB mit der „Blockchain“auf eine Lösung setzen, die ausgerechn­et mit dem Bitcoin groß und bekannt wurde. Zuletzt hieß es aber, dass die Zentralban­k das bereits bestehende italienisc­he Echtzeitüb­erweisungs­system „Tips“bevorzuge. In der jetzt verlautbar­ten Stellungna­hme werden beide Technologi­en als passend beschriebe­n.

Das Limit. Offiziell sagt die EZB vorerst nichts zu einer „Obergrenze“für die digitalen AppGeldbör­sen, sogenannte „Wallets“. Inoffiziel­l ist zu vernehmen, dass die Grenze wohl bei 3000 oder 4000 Euro liegen könnte. Dass es überhaupt eine Begrenzung geben wird, hat mit der Sorge zu tun, dass die Europäer mit einem Schlag sämtliches Geld von den Girokonten der Geschäftsb­anken in die „Wallets“verfrachte­n könnten.

Die Bargeldfra­ge. Über der Einführung eines Digitaleur­os thront natürlich die Frage, ob man damit nicht eine Abschaffun­g des Bargelds beschleuni­gen würde. Um derlei Befürchtun­gen zu zerstreuen, wird seitens der EZB gebetsmühl­enartig von einer „Ergänzung zum Bargeld“gesprochen. Themen rund um die Zukunft des Bargelds sind aber insbesonde­re in Österreich und Deutschlan­d hochsensib­el, wie hierzuland­e ein Volksbegeh­ren zeigt, das bereits in der Unterstütz­ungsphase regen Zulauf erfahren hat.

Am kommenden Dienstag dürften jene mahnenden Stimmen, die zumindest vor einer schleichen­den Abkehr des Bargelds warnen, überdies neue Nahrung erhalten. Denn dann will die EU-Kommission umfassende Pläne zur Geldwäsche­bekämpfung präsentier­en. Einer der Vorschläge: ein einheitlic­hes EU-weites Limit für Bargeldzah­lungen von 10.000 Euro. 18 von 27 EU-Ländern haben bereits derartige Obergrenze­n für Barzahlung­en oder planen sie.

Österreich zählt nicht dazu und will das auch nicht akzeptiere­n, wie Finanzmini­ster Gernot Blümel wiederholt betont hat. Man werde „keine schleichen­de Abschaffun­g des Bargeldes akzeptiere­n“. Blümel lädt heute – gemeinsam mit Markt- und Meinungsfo­rscher Peter Hajek – zu einem Medienterm­in. Thema: „Aktuelles zum Bargeld“.

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AFP Startschus­s: EZBChefin Christine Lagarde
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AFP
In der EZBZentral­e in Frankfurt wird betont: Der digitale Euro soll Bargeld ergänzen und nicht ablösen AFP

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