„Es gab sehr kritische Situationen“
Gerd Kurath, CoronaSprecher des Landes, über Kommunikation in der Krise, Message Control, seine eigene Beratungsagentur und das rote Parteibuch im Landesdienst.
In unserem Archiv taucht der Name „Gerd Kurath“370 Mal auf, 330 Mal davon seit Februar 2020. Wie haben eineinhalb Jahre Coronakrise Ihr Leben verändert?
GERD KURATH: Ich stehe viel mehr in der Öffentlichkeit. Das hat es vorher auch gegeben – bei Wahlen, Unwettern oder Katastrophen. Aber da dauerte das vielleicht ein bis zwei Wochen. Leute erkennen mich jetzt auf der Straße oder beim Einkaufen und stellen Fragen zum Testen, Impfen oder ähnlichen Dingen.
Was war und ist das Schwierigste an diesem Job?
Dieses sieben Tage pro Woche erreichbar zu sein, war schon eine große Herausforderung. Ich stehe in der Öffentlichkeit, aber es sind sehr viele Leute im Hintergrund, die da großartige Arbeit leisten – in vielen Abteilungen und auch an den Bezirkshauptmannschaften.
Wo sind Fehler passiert?
Im Großen und Ganzen hat es gut funktioniert, auch die Aufteilung der Arbeit im Team. Die eine oder andere Formulierung war vielleicht nicht so ideal. Du musst wirklich aufpassen, wie du Dinge formulierst, weil sonst vielleicht etwas rauskommt, was so im Corona-Koordinationsgremium gar nicht stattgefunden hat und falsch verstanden werden könnte.
Die türkise Message Control im Bund ist berüchtigt. Machen Sie in Kärnten die Message Control?
Das würde ich nicht so sehen. Eine Handvoll Leute im Gremium ist über alle Bereiche informiert. Krisenkommunikation muss zentral erfolgen.
Sie haben versucht, öffentliche Äußerungen von Experten oder Abteilungsleitern zu verhindern? Nein, die Experten kommen natürlich zu Wort. Aber wenn man weiß, wie viel die zu tun haben, sind Interviews auch eine Extrabelastung. Wenn die den ganzen Tag in Sitzungen sind, geht die Berichterstattung trotzdem weiter. Das ist es für mich einfacher, im Raum stehende Fragen zu beantworten.
Das ist keine Message Control. Krisenkommunikation muss einfach über eine zentrale Stelle
erfolgen.
Sie informieren täglich über die aktuelle Corona-Situation in Kärnten. Warum haben Sie Probleme wie das zusammengebrochene Contact Tracing oder die zahlreichen Todesfälle in Pflegeheimen heruntergespielt?
Wir haben immer gesagt, was ist. Es ist aber nie nur schwarz oder weiß. Die Realität ist, dass es eine Spitze in ganz Österreich, eigentlich in ganz Europa gegeben hat. Das zu bewältigen, war trotz aller Vorbereitung schwierig. Zum Teil sind zusätzliche Leute über die AMS-Förderschiene angestellt worden, auch das Bundesheer hat unterstützt. Wenn eine große Zahl an Infizierten im Krankenhaus war, dann kannst du das nicht verschweigen. Die Situation in den Pflegeheimen war hart. Aber es ist nirgends so früh ein Besuchsverbot ausgesprochen worden, was nicht überall auf Wohlwollen gestoßen ist. Rückblickend gesehen hätte der Lockdown im Herbst ein, zwei Wochen früher kommen sollen.
Gab es einen Moment, an dem Sie dachten, wir haben das jetzt nicht mehr unter Kontrolle?