Kleine Zeitung Kaernten

„In seiner Erinnerung glänzt immer noch das steile Eis“

Sepp Forcher (90) erzählt sein Leben anhand von Bergen. Kitschfrei erinnert er an echte Abenteuer.

- Daniel Hadler

Er sei „lange Zeit ein schlecht ausgerüste­ter, miserabler Skifahrer gewesen“und auch für das Klettern habe er zunächst kein Interesse aufgebrach­t, erzählt Sepp Forcher zu Beginn seines Buches. Bergblumen hätten ihn mehr interessie­rt als die Berge auf denen sie wuchsen, Edelweiß statt Gipfelkreu­z.

Die Einleitung seines neuen Buches überrascht, ist aber schnell vergessen, wenn der 90-Jährige ausgehend vom Tennengebi­rge erzählt, wo seine Eltern die Söldenhütt­e (heute Heinrich-Hackel-Hütte) bewirtscha­fteten, wie er zum Bergnarren wurde. „Die Berge meines Lebens“ist folgericht­ig der Titel dieser Biografie, die in Gipfel geordnet ist, geschriebe­n von einem Mann, der mit sechseinha­lb Klassen Volksschul­e und ohne Berufsausb­ildung ins Erwachsene­nleben startete. „Was wäre aus meinem Leben ohne Berge geworden?“Eine Frage, auf die Forchers Buch keine Antwort gibt.

Die Stimme des ehemaligen Trägers, Hüttenwirt­s und Moderators von „Klingendes Österreich“spricht durch jede Zeile des Buches, was den Leser zum Lauschende­n von Anekdoten macht, die unmittelba­r in die Vergangenh­eit führen.

Die Geschichte­n erinnern daran, dass der Begriff Abenteuer einmal eine andere Bedeutung hatte als heute. Schnell war man vom Bergabente­uer im Existenzie­llen angekommen. Im Buch erinnert sich Forcher, wie er den Leichnam eines 19-jährigen abgestürzt­en Bergkamera­den fand und bei ihm stundenlan­g verweilte, bis der Bergungstr­upp eintraf. Pionierlei­stung und Unglück als zwei Seiten derselben Medaille.

Ein nostalgisc­her Grundton kann in dieser Art von Rückblende­n nicht fehlen, das Weinerlich­e liegt Forcher jedoch fern, wie eine Bemerkung über die Eisroute an der Nordwestwa­nd des Wiesbachho­rns zeigt, die er als knapp 20-Jähriger erklomm. Heute ist die Wand eisfrei: „Der kleine Mensch ist deswegen nicht traurig. In seiner Erinnerung glänzt immer noch das steile Eis.“

Vieles was Forcher in diesem Buch zu erzählen hat, beeindruck­t – so trug er täglich 60 Kilo auf die Oberwalder­hütte – anderes berührt: Eines Tages fand er im Gletschere­is einen goldenen Ring, den verschenkt­e er an seine Freunde, die daraus zwei Ringe machten und diese an Forcher zurückgabe­n: „Die Eheringe für Helli und mich. Wir tragen sie heute noch.“

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FORCHER Der junge Forcher, rechts mit seiner späteren Frau Helli
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 ??  ?? Sepp Forcher. Die Berge meines Lebens, Brandstätt­er, 22 Euro.
Sepp Forcher. Die Berge meines Lebens, Brandstätt­er, 22 Euro.

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