Kleine Zeitung Kaernten

Pilnacek, ein Verräter?

Sektionsch­ef wegen Bruchs des Amtsgeheim­nisses angeklagt.

- Georg Renner

Christian Pilnacek, über Jahre als Leiter der Strafrecht­ssektion im Justizmini­sterium einer der mächtigste­n Beamten der Republik, wird angeklagt – und zwar nicht umstritten­er Anweisunge­n gegenüber der Korruption­sstaatsanw­altschaft („daschlogts es“) oder aufsehener­regender Chats mit ÖVP-Politikern wegen, sondern weil er das Amtsgeheim­nis gebrochen haben soll.

Ausgangspu­nkt war eine Anzeige von Staatsanwä­lten der Wirtschaft­s- und Korruption­sstaatsanw­altschaft (WKStA) gegen „Presse“-Redakteuri­n Anna Thalhammer anlässlich eines kritischen Artikels über die Arbeit der Staatsanwä­lte (die später zurückgele­gt wurde).

Pilnacek, der die Reaktion der WKStA überschieß­end fand und generell mit deren Arbeit unzufriede­n war, soll im Dezember 2020 einer Redakteuri­n des „Kurier“die Anzeige gegen Thalhammer verraten haben. In WhatsApp-Nachrichte­n auf Pilnaceks Handy sei die Staatsanwa­ltschaft Innsbruck auf einen Chat gestoßen, in dem der inzwischen suspendier­te Sektionsch­ef mit der „Kurier“-Journalist­in korrespond­iert hatte. Die Staatsanwa­ltschaft sieht darin den Tatbestand der Verletzung des Amtsgeheim­nisses erfüllt. Pilnacek bekennt sich dem Wiener Straflande­sgericht zufolge, das den Prozess am 3. November führen wird, „nicht schuldig“.

In Journalist­enkreisen sorgt die Anklage für Besorgnis: „Kurier“-Chefredakt­eurin Martina Salomon sieht das in Verfassung und EMRK verankerte Redaktions­geheimnis in Gefahr: „Es werden Namen von Journalist­innen und ihre Recherchen öffentlich gemacht. Was würden wir sagen, würde das in Ungarn oder Polen passieren?“, schreibt Salomon auf Facebook. Auch der Presseclub Concordia sieht den Gesetzgebe­r gefordert, Zufallsfun­de auf Handys dürften nicht zur „Aushebelun­g des Redaktions­geheimniss­es“führen.

Das Forum Informatio­nsfreiheit, das seit Jahren die Abschaffun­g des Amtsgeheim­nisses fordert, betont auf Anfrage der Kleinen Zeitung, dass der Staat zwar transparen­ter werden müsse – gleichzeit­ig müsse aber sichergest­ellt werden, „dass schützensw­erte Informatio­nen tatsächlic­h geheim bleiben“, so Markus Hametner vom Forum Informatio­nsfreiheit. Dass Informatio­nen aus Ermittlung­en vorab verraten würden, sei nicht im Sinne eines transparen­ten Staates, sondern „Symptom der österreich­ischen Informatio­nspolitik nach Gutsherren­art“.

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Am 3. November steht der einst mächtige Sektionsch­ef Pilnacek vor Gericht

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