Der Königsmacher
FDP-Chef Christian Lindner will regieren – notfalls in einer Ampel.
Kurz vor der Wahl geht die FDP auf Angriff. „Ich habe manchmal in dunklen Stunden den Gedanken, ob vielleicht bei Politikern wie Markus Söder eine Gewöhnung an den Ausnahmezustand begonnen hat“, stichelte Christian Lindner bei einem Wahlkampfauftritt in Stuttgart. Für Lindner, 42, geht es um viel. Vor vier Jahren hat sich der FDP-Chef mit dem Satz „Es ist besser nicht zu regieren, als falsch zu regieren“einer Koalition mit Union und Grünen verweigert. Nicht nur die möglichen Bündnispartner reagierten überrascht. Auch die eigene Partei war irritiert. Deshalb steht auch Lindner nach der Wahl am Sonntag unter Zugzwang. Auch er muss liefern. Schließlich gehört Regieren zum Markenkern der FDP.
Der Politologe hat die Partei 2013 in ihrer tiefsten Krise übernommen, sie war aus dem Bundestag geflogen. So begann die Operation Neuanfang. Lindner hielt am alten wirtschaftsliberalen Kurs fest, modernisierte aber das Erscheinungsbild der FDP auf jugendlich und New Economy und führte sie 2017 zurück in den Bundestag. Vergessen das Diktum des einstigen Altvorderen Jürgen Möllemann, der Lindner einst „Bambi“taufte, als schlicht zu weich für das harte Geschäft der Politik. Lindner kann auch hart, er verweigerte sich Jamaika – vor allem wegen persönlicher Distanz zu Kanzlerin Angela Merkel. Heuer schien Lindner am Ziel. Mit Unionsfrontmann Armin Laschet hatte er 2017 in NordrheinWestfalen eine Koalition besiegelt, auch CDU-Gesundheitsminister Jens Spahn ist ein Freund (und sogar der Vermieter der Lindnerschen Wohnung in Berlin). Dann kam die Schwäche der CDU. Die deutet an, auch vom zweiten Platz eine Regierung bilden zu wollen. Dagegen stellt sich die CSU. Auch deshalb teilt Lindner gegen Söder aus. Die Union könnte sich nach der Wahl zerlegen. Keine gute Voraussetzung für ein stabiles Bündnis. So könnte die FDP doch eine Ampel mit SPD und Grünen bilden. Oder um Lindner eine Erklärung zu liefern. Lieber in der Ampel regieren als Rot-Rot-Grün.