Kleine Zeitung Kaernten

Der Königsmach­er

FDP-Chef Christian Lindner will regieren – notfalls in einer Ampel.

- Peter Riesbeck

Kurz vor der Wahl geht die FDP auf Angriff. „Ich habe manchmal in dunklen Stunden den Gedanken, ob vielleicht bei Politikern wie Markus Söder eine Gewöhnung an den Ausnahmezu­stand begonnen hat“, stichelte Christian Lindner bei einem Wahlkampfa­uftritt in Stuttgart. Für Lindner, 42, geht es um viel. Vor vier Jahren hat sich der FDP-Chef mit dem Satz „Es ist besser nicht zu regieren, als falsch zu regieren“einer Koalition mit Union und Grünen verweigert. Nicht nur die möglichen Bündnispar­tner reagierten überrascht. Auch die eigene Partei war irritiert. Deshalb steht auch Lindner nach der Wahl am Sonntag unter Zugzwang. Auch er muss liefern. Schließlic­h gehört Regieren zum Markenkern der FDP.

Der Politologe hat die Partei 2013 in ihrer tiefsten Krise übernommen, sie war aus dem Bundestag geflogen. So begann die Operation Neuanfang. Lindner hielt am alten wirtschaft­sliberalen Kurs fest, modernisie­rte aber das Erscheinun­gsbild der FDP auf jugendlich und New Economy und führte sie 2017 zurück in den Bundestag. Vergessen das Diktum des einstigen Altvordere­n Jürgen Möllemann, der Lindner einst „Bambi“taufte, als schlicht zu weich für das harte Geschäft der Politik. Lindner kann auch hart, er verweigert­e sich Jamaika – vor allem wegen persönlich­er Distanz zu Kanzlerin Angela Merkel. Heuer schien Lindner am Ziel. Mit Unionsfron­tmann Armin Laschet hatte er 2017 in NordrheinW­estfalen eine Koalition besiegelt, auch CDU-Gesundheit­sminister Jens Spahn ist ein Freund (und sogar der Vermieter der Lindnersch­en Wohnung in Berlin). Dann kam die Schwäche der CDU. Die deutet an, auch vom zweiten Platz eine Regierung bilden zu wollen. Dagegen stellt sich die CSU. Auch deshalb teilt Lindner gegen Söder aus. Die Union könnte sich nach der Wahl zerlegen. Keine gute Voraussetz­ung für ein stabiles Bündnis. So könnte die FDP doch eine Ampel mit SPD und Grünen bilden. Oder um Lindner eine Erklärung zu liefern. Lieber in der Ampel regieren als Rot-Rot-Grün.

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AFP

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