Kleine Zeitung Kaernten

Wiege des Weißweins

Das Gebiet ist klein, aber fein: In den Hügeln des Collio bei Görz erntet man Trauben für die besten Weißweine der Welt. Für 2021 wird in Cormons, „Hauptstadt des Collio“eine gute Ernte erwartet.

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Von Elisabeth Tschernitz

Verkoste gerade 58 Weißweinso­rten“, erging eine SMS an den Liebsten. „Du fährst mit dem Auto“, kam die etwas besorgte Antwort. „Keine Sorge, ich spucke ihn aus.“Nicht etwa, weil der Wein nicht geschmeckt hätte – ganz im Gegenteil –, aber bei 58 Weinen hat man keine andere Wahl, will man den Ort noch nüchtern verlassen. Bei der Blindverko­stung einer Auswahl der besten Weine zeigt das Konsortium der Collio-Weine, was die Region an Außergewöh­nlichem zu bieten hat: zwölf Ribolla Gialla, 18 Friulano, neun Malvasia, 18 Collio Bianco von verschiede­nen Weingütern und Jahrgängen. Ein Blindflug durch 58 DOC-Weißweine, das heißt, mit streng kontrollie­rter Herkunftsb­ezeichnung: Wie bei einer Klassenarb­eit sitzen 20 Fachjourna­listen auf Schulbänke­n hintereina­nder im ersten Stock der Enoteca di Cormons auf der Piazza Maggio XXIV. Zu Kaisers Zeiten hieß sie „Piazza Locatelli“und war der „Börseplatz“für tonnenweis­e Qualitäts-Kirschen, die aus Kaiser Franz Josefs Kirschgart­en im Collio stammten. Die Händler kamen aus aller Herren Kronländer, um sich die köstlichen Früchte zu Wucherprei­sen zu sichern.

In dem schmucklos­en Raum also wurden Noten für Weine vergeben. Ungewohnte Stille für Italien. Lediglich das Surren der Klimaanlag­e und das Gurgeln sind zu hören, wenn die beiden schwarz gekleidete­n Kellner den Wein bedächtig aus den schwarz ummantelte­n Flaschen ins Glas gleiten lassen. Eine Hand brav auf dem Rücken, wie in der Schule gelernt. Zu gerne hätte ich gewusst, wessen Wein ich in der Mundhöhle herum rollen lasse, doch

Sanfte Hügel, grandiose Weißweine: Rund 300 Produzente­n kultiviere­n im Collio 1300 Hektar Rebflächen

ist Blindverko­stung. Basta. Später bekommen wir dennoch die Auflösung, um welche Weine es sich gehandelt hat. „Strohgelbe Farbe, goldene Reflexe“, notiere ich zur Nummer 18, einen Friulano 2019 (Alessio Komjanc), „Aromatisch, mit Honignoten“, werden dem Malvasia Nummer 37 (Casa delle Rose) zugeschrie­ben und Nummer 54, ein Collio Bianco Riserva 2017 (Ronco Blanchis), bekommt das Attribut „Knaller“. Als „Gewürzexpl­osion“stufe ich den Collio Bianco Riserva 2016 ein (Venica & Venica). Man ist versucht, die Gläser gänzlich zu leeren, doch schon bald erweist sich, dass das Aroma besser zur Geltung kommt, wenn man den Wein vom Gaumen über die Geschmacks­papillen der Zunge, von der rechten zur linken Wange und wieder zurückroll­en lässt. Der solcherart ausgekoste­te Rest wird diskret in den schwarzen Eimer am Tisch expediert. Anschließe­nde FahrBlindv­erkostung

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