Die Völkerrechtsexpertin
Annalena Baerbock (Grüne) kennt Europa aus ihrer Zeit als Mitarbeiterin im Europaparlament. „Deutschland muss endlich wieder zur treibenden europäischen Integrationskraft werden“, forderte sie jetzt in einem Interview. Baerbock hat angekündigt, dass ihre erste Auslandsreise als Regierungschefin entgegen der Tradition nicht nach Paris, sondern nach Brüssel führen würde. Brüche mit Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron sind aber nicht zu erwarten. Schließlich haben die Grünen dessen Partei auf EU-Ebene lange für ein Bündnis umworben, Macron entschied sich aber für eine eigene Allianz mit den Liberalen. Der Mann pocht auf Souveränität. Mit Macrons EU-Reformen könnten sich am ehesten die Grünen anfreunden. Auch mit dem französischen Wunsch nach lascheren Haushaltsregeln. Baerbock würde Klimainvestitionen gerne vom Schuldenpakt ausnehmen. Die schwarze wird zur grünen Null.
Beim Klimaschutz unterstützt die Partei den Europäischen Grünen Deal, ihr könnte es sogar noch schneller gehen mit der Klimaneutralität. In der Handelspolitik wollen die Grünen stärker Umwelt- und Menschenrechte verankert wissen, klingt nicht gut für das Mercosur-Abkommen mit Südamerika. In der Ablehnung liegt man mit skeptischen Ländern wie Österreich auf einer Linie. Außen- und sicherheitspolitisch ist die Völkerrechtsexpertin Baerbock extrem versiert. Die Pipeline Nord Stream 2 wollen die Grünen noch stoppen, gegen autoritäre Staaten wie Russland und China einen strengeren Kurs einschlagen. Auch die Nato käme mit den Grünen klar, aber auch sie wollen aus der nuklearen Teilhabe der Allianz aussteigen.
Fazit: Es wird wohl nichts mit dem Kanzleramt, Baerbock könnte aber Außenministerin werden. Als Europastaatssekretärin wäre die frühere Europaabgeordnete Franziska Brantner erste Wahl. Merkels multilaterales Erbe würden die beiden wohl am besten verwalten.