Nicht mit dieser FPÖ!
Die ÖVP wird aus den Wahlen in Oberösterreich und Graz als stärkste Kraft hervorgehen. Ob sie da wie dort an der FPÖ als Partner festhält, lässt sie offen. Eine Selbstbeschädigung.
Oberösterreich und Graz wählen heute ihre Parlamente. Das hat in erster Linie regionale Relevanz, von übergeordneter Bedeutung ist hingegen eine andere Wahl, die die Kanzlerpartei im Nachhall zu treffen hat und eigentlich, wenn es ihr um das große Ganze geht, für sich längst getroffen haben sollte. Es geht um die Neuvermessung des Verhältnisses der ÖVP zur Freiheitlichen Partei unter Herbert Kickl. Der neue Obmann, der den alten in dessen Rekonvaleszenz beiseiteschob, hat der Partei ein neues Antlitz verliehen. Er hat sie auf eine Art und Weise radikalisiert, die man sonst nur von den rechtsrabiaten Rändern der AfD in Deutschland kennt. Als „Wappler“schmähte Kickl bei der Abschlusskundgebung in Linz seinen Nachfolger und dessen Beamte im Innenministerium, als bekiffte Österreich-Hasser die Grünen-Mitregenten.
In der Pandemie machte Kickl die FPÖ zur einzigen Gegenkraft, die alle Bemühungen, die Krise mithilfe der Impfung und komplementärer Schutzmaßnahmen gemeinsam zu überwinden, hintertrieb und unterlief. Er verharmlost die Gefahr
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und propagiert die natürliche Abwehrkraft eines vitalen Körpers, so was Ähnliches also, was man früher den „gesunden Volkskörper“nannte. Er verweigert im Parlament die schützende Maske und entzieht sich dem gemeinsamen Aufruf der Opposition. Er hält die Pandemie für etwas „Aufgebauschtes“und seinen Stellvertreter Manfred Haimbuchner, der nach einer ungesetzlichen Feier infiziert um sein Leben rang und nur mit der Abwehrkraft einer vitalen Notfallmedizin und Intensivpflege überlebte, „die Ausnahme, die die Regel bestätigt“. Normalerweise rückt man von jemandem nach einer solchen Unverfrorenheit aus Selbstachtung dauerhaft ab. Der Gerettete aber, der in Interviews gezeichnet von seiner Todesangst berichtete, rückte im Wahlkampf an den Ruchlosen nah heran und ließ ihn im eigenen Bundesland enthemmt poltern, um einer kandidierenden ImpfgegnerListe die Wirkung zu nehmen.
Manfred Haimbuchner ist das weiche Gesicht der FPÖ, trägt aber die Verweigerungshaltung der Partei in der Pandemiebekämpfung loyal mit. Dasselbe gilt auch für den blauen Vizebürgermeister von Graz, Mario Eustacchio. Beide sind die letzten Bündnispartner der ÖVP, erwählt, weil auf unterer Ebene die ideologische Schärfe nicht durchschlüge. Das ist ein Argument. Jetzt, vor dem Hintergrund der verantwortungslosen Rolle der FPÖ, verliert es seine Gültigkeit. Skrupellosigkeit und Rücksichtslosigkeit wirken wie das Virus: Die Folgen, siehe Braunau, machen an Landesgrenzen nicht halt. ie ÖVP wird in Graz und Oberösterreich die Wahlen für sich entscheiden. Die Entscheidung, ob sie zum grünen Regierungspartner wechselt oder an einer radikalisierten FPÖ festhält, wenn die Arithmetik es erlaubt, lässt sie in beiden Fällen offen. Das mag taktisch klug sein, birgt aber die Gefahr, Ruf und Selbstachtung zu beschädigen.
Die FPÖ mit dieser Gangart ist nicht bündnisfähig.
D