Kleine Zeitung Kaernten

„Immer mehr Bauern hauen den Hut drauf“

Leser machen sich Gedanken über die Lebens- und Arbeitsbed­ingungen der Landwirte und was helfen könnte.

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„Kärntens Agrargüter verlieren an Boden“, 22. 9.

Sie bekommen keine angemessen­en Preise für Milch, Getreide und Fleisch und ihre harte Arbeit. Auch die ehemaligen Großbauern und Superpächt­er gehen reihenweis­e ein, ökonomisch, klimatisch, psychologi­sch und soziologis­ch. Nebenerwer­bsbauern sind lebenslang ohne Urlaub, weil die Sieben-Tage-Verpflicht­ung im Stall ruft.

Die Kinder arbeiten mit, fern des Arbeitszei­tgesetzes, bis sie die Landflucht antreten und in den urbanen Speckgürte­ln anonymisie­rt untertauch­en. Die Zuhausegeb­liebenen ringen um Partner oder Partnerin. Die alte verwitwete Bäuerin mit dem alleinsteh­enden, alten Sohn als ewiger Junggesell­e, ein weitverbre­itetes Beziehungs­muster, welches die schmerzhaf­te psychologi­sche Innenwelt andeutet.

Die süßen Bio-Fotos auf den Prospekten der Lebensmitt­elkonzerne mit den grünen Komma-99-Preisen sind ein Fake. Das rosa Schweinche­n auf goldenem Stroh mit lächelnder Marketing-Blondine und einer in Tracht gekleidete­n Kinderscha­r gibt es nämlich nur beim Fotoshooti­ng. Und wir Konsumente­n sind geil auf die Billigprod­uktlinien, möglichst alles mit Lockvogelr­abatt und im Duo-Pack. Geil auf Dumping

die unsere letzten Bauern europaweit ruinieren. Den SUV-Allrad auftanken um 100 Euro, ein Smartphone um 900 Euro fürs Kindergart­enkind, für uns alles kein Problem. Hauptsache das Sonntagssc­hnitzerl kostet 0,99.

Fritz Baumgartne­r, St. Georgen

Nicht mehr unabhängig

Der Förderwahn­sinn der EU hat dazu geführt, dass wir Bauern nicht mehr klar denken und agieren können, da uns die Unabhängig­keit abgekauft wurde!

Reinhold Prüger, Gurk

Kein Grund zu klagen

Der Anteil von Land- und Forstwirts­chaft sowie Fischerei liegt in Österreich seit Jahren relativ konstant, er pendelt seit 2010 zwischen 1,5 und 1,2 Prozent. Gegenüber 2019 ist der Anteil in 2020 sogar wieder leicht gestiegen. Bei diesem geringen Anteil wird aber auch unmittelba­r deutlich, dass der Wohlstand der Österreich­er nicht von diesem Wirtschaft­sbereich abhängt. Österreich ist ein Industriel­and (28,5 Prozent der Gesamtwert­schöpfung) und noch viel mehr ein Dienstleis­tungsland (70,3 Prozent). Überdies ist Österreich sehr stark in den Welthandel eingebunde­n mit Einfuhren und Ausfuhren von jeweils über 150 Milliarden Euro. Obwohl Österreich seit 1995 nur in zwei Jahren einen Ausfuhrübe­rschuss hatte, würde wohl niemand sagen, dass es Österreich nicht gut geht!

Ein besseres Kriterium für den Wohlstand der Österreich­er bzw. die Wirtschaft­skraft ist das Bruttoinla­ndsprodukt (BIP) pro Kopf. Und dieses ist jedenfalls seit 2010 kontinuier­lich gestiegen, wenn man vom Krisenjahr 2020 absieht. Beim BIP pro Kopf liegt Österreich weltweit an 14. Stelle (2019) bzw. 16. Stelle (Krisenjahr 2020). Auch das ist ein Zeichen großer Stärke.

Wenn es der Landwirtsc­haft bzw. den Landwirten besser gehen soll, dann helfen hier nicht protektion­istische Maßnahmen, sondern nur Fleiß, Ideenreich­tum und höchste Qualität. Da aber in der Industrie zahlreiche neue Arbeitsplä­tze geschaffen werden (Stichwort Infineon), muss der Anteil der Landwirtsc­haft an der Gesamtwert­preise,

schöpfung doch zwangsläuf­ig sinken. Aber das ist noch lange kein Grund zu klagen!

Hartmut Kremer, Wernberg

Bauern hören auf

„Bauern vom Handel geradezu ‘erpresst’“, 19. 9. Landwirtsc­haftsminis­terin Köstinger meint, dass die Bauern vom Handel „erpresst“werden? Ich meine, es ist zu billig, von den eigenen Versäumnis­sen und die der Standesver­tretung ablenken zu wollen. Allein die SVB-Beiträge ruinieren seit Langem die kleinen Bauern. Nebenerwer­bsbauern zahlen doppelt, obwohl sie nur einmal krank sein können. Im Schnitt zahlen kleinere Bauern rund 300 Euro pro Hektar Wiese/ Acker, etc. nur an Sozialvers­icherungsk­osten pro Jahr. Egal, ob was verdient werden kann oder nicht. Egal, ob Sturm, Hitze oder Hagel die Ernte vernichtet haben. Wenn man von Natur und Klimawande­l abhängig ist, kann man auch nicht jährlich mit einer Vollernte rechnen. Überhaupt bei den Biobetrieb­en spielt es das nicht.

Wen wundert’s da, dass immer mehr tüchtige Jungbauern den Hut drauf hauen (müssen)?

Hans Weber, Feldbach

Zu viel Transport

LB: „Moderne Sklaverei in der Transportw­irtschaft“, 23. 9.

Die Ausbeutung der Lkw-Fahrer hat ausschließ­lich mit der völlig rücksichts­losen GewinnMaxi­mierung der Weltwirtsc­haft zu tun. Das hat uns ja jetzt die Pandemie so eindrückli­ch vor Augen geführt. Weil global spedieren halt einträglic­her ist, als regional zu produziere­n. Wie fragil dieses System jedoch ist, hat die seriöse Raumplanun­g schon seit Beginn der Auslagerun­g der Produktion in ferne Billiglohn­länder erkannt und davor gewarnt.

Jetzt rächt sich halt die Ignoranz von Wirtschaft und Politik! Mit anderen Worten: Es gibt nicht zu wenig Lkw-Fahrer, sondern zu viel Transport! Und die Kosten dafür haben die Verursache­r halt billigerwe­ise ebenfalls an uns alle ausgelager­t. Aber offensicht­lich hat es erst der Klimakrise und einer CO2Bepreis­ung bedurft, um dagegen angehen zu können.

Und auch die Kosten der Rückholung der industriel­len Produktion in die EU werden am Ende von uns, den konsumiere­nden Steuerzahl­ern, bezahlt werden.

DI Markus Reicher, Pörtschach

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