„Eine Frau als Bond ist absolut vorstellbar“
Naomie Harris gehört als Moneypenny zur Fixbesetzung im „Bond“-Universum. Die Schauspielerin über die Entwicklung ihrer Rolle, die Kostbarkeit des Lebens und wie es ist, die Queen persönlich zu treffen.
Zum dritten Mal sind Sie im „James Bond“-Franchise in der Rolle der Moneypenny, der Sekretärin des MI6Chefs, zu sehen. Was reizt Sie noch immer an der Figur?
NAOMIE HARRIS: Wenn man eine Rolle oft und vor allem viele Jahre lang spielt, kennt man sie schon recht gut. Man kann schauspielerisch Nuancen herausarbeiten und sich auf Eigenschaften konzentrieren.
Wie sehen Sie die Entwicklung der Rolle?
Die Rolle der Moneypenny übernahm ich erstmals 2012 in „Skyfall“. Damals strebte Moneypenny den Außendienst an, sie wollte um jeden Preis draußen aktiv sein, so wie James Bond. Im Laufe der Jahre sah sie ein, dass sie für den Außendienst ungeeignet ist. In „Keine Zeit zu sterben“hat Moneypenny endlich ihren Job akzeptiert, wächst immer mehr in die Aufgabenund Verantwortungsbereiche hinein und fühlt sich beruflich angekommen. An der Entwicklung von Moneypenny gefällt mir, dass es Parallelen zu unserem realen Leben hat und es eben eine Zeit dauert, bis man Frieden mit sich schließt.
Stört es Sie, dass Moneypenny das Bond-Girl-Image anhaftet? Nein, es ist schon etwas Besonderes, dass sich Menschen an mich erinnern. Ich erachte es als ungeheures Privileg, fixer Bestandteil im „Bond“-Universum zu sein.
Wie sehen Sie im Vergleich dazu Ihre eigene Entwicklung?
26. SEPTEMBER 2021
In den Anfangsjahren meiner Karriere habe ich genauso Entscheidungen hinterfragt. Heute habe ich Frieden mit den Zyklen von Ebbe und Flut in meiner Branche geschlossen und nehme sie nicht mehr persönlich.
Der Titel des 25. „James Bond“lautet „Keine Zeit zu sterben“. Was halten Sie davon, dass wir Menschen das Bedürfnis haben, ewig zu leben?
Ja, wir haben das Bedürfnis und die Pandemie liefert in dieser Hinsicht viel Interessantes. Wir Menschen klammern uns an das Leben. Als ich von der Schauspielerei als Ebbe und Flut sprach, wirft das ähnliche Perspektiven auf. Jeder von uns muss erkennen, dass eines Tages unsere Zeit abgelaufen ist. Je früher wir dem Tod ins Auge sehen, desto früher erlangen wir ein Gefühl des inneren Friedens. Ich glaube auch, dass man dann das Leben besser versteht. Man begreift die Kostbarkeit des Lebens und gleichzeitig die Unausweichlichkeit des Todes. Ich denke, damit sollten wir ein bisschen mehr abfinden.
Im neuen „Bond“ist Gerüchten zufolge Lashana Lynch die Nachfolgerin von James Bond als 007Agentin. Stimmt das?
Nein, sie ist keine 007-Agentin, sondern eine 00-Agentin.
Ist eine Frau als neuer James Bond für Sie vorstellbar?
Absolut. Ich weiß, viele sind auf diese Frage fixiert, aber ich stehe diesem Aspekt sehr offen gegenüber. Als Zuschauerin ist mir wichtig, dass ich die Person auf der Leinwand für glaubwürdig halte. Glaube ich ihr, dass sie über jene Fähigkeiten verfügt, die die Figur von ihr erfordert? Bejaht diese Person das in meinen Augen, sind für mich Geschlecht oder ethnische Zugehörigkeit irrelevant.
Christoph Waltz spielt erneut einen „Bond“-Bösewicht. Welche Erfahrung haben Sie mit dem österreichischen Schauspieler?
Ich mag Christoph Waltz, er ist ein warmherziger Mensch mit großem Sinn für Humor. Leider habe ich keine Szenen mit ihm, aber er ist ein hervorragender Schauspieler.
James Bond steht als Agent im Dienst Ihrer Majestät. Wie war es für Sie, 2017 von Queen Elizabeth
II. in den Ritterstand gehoben zu werden?
Es begann damit, dass ich keine Ahnung hatte, Ihre Majestät würde mir den Titel persönlich verleihen. Das erfuhr ich erst nach meiner Ankunft im Buckingham-Palast. Ich hatte Herzklopfen und war total aufgeregt. Von Königin Elizabeth II. den „Most Excellent Order of the British Empire“verliehen bekommen, ist eine phänomenale Ehre. Ich bin unheimlich stolz darauf und der Tag gehört zu den Top 5 in meinem Leben.
Wie haben Sie für sich die Lockdowns genutzt?
Während des ersten Lockdowns hatte ich endlich Gelegenheit, alles, was ich sonst auf die lange Bank geschoben habe, auszuprobieren. Drehbuch schreiben, Mode designen, mein Meditationsprogramm forcieren, Training strikt einhalten oder Dachboden entrümpeln. Dinge, denen ich davor mit dem Argument entging: „Ich habe keine Zeit.“So begann ich, ein Vorhaben nach dem anderen umzusetzen. Es ist ein tolles Erfolgserlebnis, wenn der Berg nach und nach abgebaut wird.