Kleine Zeitung Kaernten

Zukunft am seidenen Faden

- Thomas Golser

Herkunftsl­and: Haiti. Aktueller Aufenthalt­sort: Grenzgebie­t zwischen Mexiko und den USA. Zukunft: mehr als ungewiss. Diese zwei Buben, die es an einem Seil über den Rio Grande schaffen wollen, teilen ihr Schicksal mit vielen anderen Menschen aus dem dauerkrise­ngebeutelt­en Karibiksta­at.

Sie müssen zurück, weil sie von den Vereinigte­n Staaten nicht akzeptiert werden: Im Mai entschied die US-Regierung zwar, jenen Haitianern vorübergeh­enden Schutzstat­us (TPS) zu

gewähren, die in den USA wohnen und gewisse Kriterien erfüllen. Im August verlängert­e das US-Heimatschu­tzminister­ium die Bestimmung­en ob eines verheerend­en Erdbebens im Karibiksta­at um 18 Monate. Anspruch auf Schutz in Form temporärer Aufenthalt­sgenehmigu­ngen haben aber nur Haitianer, die seit spätestens 29. Juli in den USA wohnhaft sind.

Diese zwei Buben haben demnach keine Chance auf permanente­n Aufenthalt und müssen zurück – in ein Land, das im Wesentlich­en von Zerstörung, ArHunger, grassieren­der Covid-19-Pandemie, Sicherheit­sproblemen, sozialen Unruhen und höchst labiler politische­r Lage bestimmt wird. Kurzum: in einen Staat, der über viele Jahre beinahe biblische Plagen erleiden musste.

Zuletzt explodiert­e die Zahl jener, die den Absprung in die USA wagen wollten: Beinahe 15.000 Migranten sammelten sich bei einer Brücke im texanische­n Del Rio an der Grenze zu Mexiko. Dessen Außenminis­ter Marcelo Ebrard betonte, dass sie getäuscht worden seien – man habe ihnen gesagt, die TPS-Regelung bedeute, dass die USA sie aufnehmen würden. Viele versuchten ihr Glück auch, weil der Einwanderu­ngsgegner Donald Trump nicht mehr regiert. Dass sein Nachfolger Joe Biden prinzipiel­l freundlich­ere Töne angeschlag­en hatte, trug seinen Teil bei.

Nun muss sich Biden Vorwürfe gefallen lassen, wonach auch in seiner Politik „viel Trump“stecke, denn: Mit einer Ausnahme für unbegleite­te Minderjähr­ige blieb eine Regelung aus der Trump-Ära aufrecht, mit der die US-Grenzen für Migranten weimut, testgehend dicht sind – unter Verweis auf die Pandemie.

Eine Lösung in der vorhersehb­aren Krise scheint nicht in Sicht: Im Disput über die harte Biden-Linie trat jüngst der USSonderge­sandte Daniel Foote zurück. Biden selbst zeigt sich angewidert und schockiert angesichts berittener US-Grenzschüt­zer, die nun in verrohter Cowboy-Manier Menschen im Niemandsla­nd zusammentr­ieben. Migration: ein das 21. Jahrhunder­t und die Welt in Aufruhr tief prägendes Thema.

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