Kleine Zeitung Kaernten

Im Land der Sortierer

Die Bündnismög­lichkeiten nach der Wahl in Deutschlan­d engen sich ein. Rot-Rot-Grün ist raus. Union und SPD umwerben die möglichen Bündnispar­tner. Armin Laschet scheint trotz eines schwachen Resultats seinem Ziel näher und verkauft Jamaika schon als Opti

- Von Peter Riesbeck

Ein Ergebnis schien schon früh festzusteh­en an diesem ungemein spannenden Wahlabend in Deutschlan­d. Von den zahlreiche­n Koalitions­möglichkei­ten nach der Bundestags­wahl schien eine Option frühzeitig auszuschei­den: Rot-Rot-Grün. Zu schwach war das Ergebnis der Linken.

Das könnte CDU/CSU in die Hände spielen. Die Union pochte auf einen moralische­n Sieg, da waren die ersten Hochrechnu­ngen gerade raus. Von einer „Zukunftsko­alition“sprach Generalsek­retär Paul Ziemiak und nannte als Kernpunkte „Stabilität, Klimaschut­z und Innovation“. Von den gewaltigen Umfragen kein Wort. Nur die eigene Position nicht schwächen. Auch aus München kam überrasche­nd Zustimmung. Von einem „Fotofinish“sprach CSUGeneral­sekretär Markus Blume und schob dann gleich hinterher: „Wir werden alle Optionen für eine bürgerlich­e Mehrheit prüfen.“Im Klartext: Jamaika aus Union, Grünen und FDP. Die Wortmeldun­g aus München überrascht­e. Denn vor der Wahl hatte das noch anders geklungen. Alexander Dobrindt, CSU-Landesgrup­penchef im Bundestag, hatte in der Vorwoche noch erklärt: „Wir können nicht zufrieden sein, wenn wir unter 30 Prozent landen.“Nun sagte Dobrindt am Wahlabend: „Die Fehlermeld­ung kann man auch wann anders machen.“Die CSU gibt klein bei und verkauft ihre Kritik der letzten Tage nun als „Mobilisier­ungsoffens­ive“(Dobrindt). Eine interessan­te Wendung.

So blickten alle auf die potenziell­en Juniorpart­ner. FDP-Generalsek­retär Volker Wissing meldete sich früh zu Wort: „Wir bleiben auf Kurs.“Das ließ viele Optionen offen, klang aber nicht als Absage an Jamaika. Die FDP ziert sich, um schon mal den Preis für Verhandlun­gen nach oben zu treiben.

Jamaika – vor der Wahl mit Blick auf die Umfragen eher als theoretisc­he Möglichkei­t betrachtet – ist zurück im Spiel und eine echte Option in

Deutschlan­d. „Wir werden alles daran setzen, eine Regierung unter Führung der Union zu bilden“, kündigte Unions-Kanzlerkan­didat Armin Laschet an. Der Mann war abgeschrie­ben, nun ist er zurück im Spiel.

Die SPD schickte im WillyBrand­t-Haus in Berlin-Kreuzberg zunächst ihren Generalsek­retär Lars Klingbeil vor die Kamera. „Ganz klar: Die SPD hat den Auftrag für eine Regierungs­bildung“, sagte Klingbeil. Als SPD-Wahlkampfm­anager legte er eine fulminante Kampagne hin. Die SPD legte enorm zu in dieser Wahl. Doch haben die Sozialdemo­kraten ein Problem. Ihr kommen die potenziell­en Partner abhanden. Alles war so schön vorgezeich­net. Zwischen

Rot-Rot-Grün und Ampel mit FDP und Grünen hätten die Sozialdemo­kraten gut taktieren können. Nun scheidet Rot-RotGrün aus, das schmälert die Verhandlun­gsposition. Und zwar gewaltig: „Wir wollen, dass Olaf Scholz Kanzler wird“, bekräftigt­e Klingbeil. Er bekam aber kein klares Signal von den Grünen. Bundesgesc­häftsführe­r Michael Kellner, ein Vertreter des linken Flügels der Partei, sprach von einem „Wunsch nach gesellscha­ftlichem Wandel“. Das klang sehr nach Ampel. Doch fehlen die gesellscha­ftlichen Brücken zu den Liberalen. So stellte Robert Habeck klar: „Wenn es eine Ampel wird, ist es nicht Rot-Grün“, sagte der Grünen-Ko-Chef und bemängelte ein gemeinsame­s gesellscha­ftliches Projekt eines solchen Bündnisses: Im Klartext: Das wird ein weiter Weg.

Am Ende werde der „Sondierung­sweltmeist­er“den Kanzler stellen, sagte der Politikwis­senschaftl­er Karl-Rudolf Korte von der Universitä­t Duisburg-Essen. Das bedeutet: Die Regierungs­bildung in Deutschlan­d dürfte sich ziehen. Es wird kräftig verhandelt und geboten in den Gesprächen. Tendenz Jamaika. Sollte es für ein Dreierbünd­nis nicht reichen, würde es – rechnerisc­h – auch für eine Große Koalition reichen. Auch bei der Wahl vor vier Jahren war das eine Notfallopt­ion. Deutschlan­d ist jetzt erst mal das Land der Sondierer.

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AFP Viel umworben: Christian Lindner und die FDP. Auch Annalena Baerbock und die Grünen dürften ein wichtiger Partner sein
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AFP Olaf Scholz (SPD) und Armin Laschet (Union) stellen beide den Kanzlerans­pruch

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