Vom Lachs, der aus dem Drucker kommt
Die Generali-Group setzt auf Nachhaltigkeit und widmet sich speziell den Klein- und Mittelbetrieben. Österreich-Vorstand Gregor Pilgram über grüne Finanzanlagen und fehlende Kristallkugeln.
Großer Auftritt der Generali-Group in Brüssel. Grußworte der Kommissare Paolo Gentiloni und Mairead McGuinness, Einführung durch Gesamtvorstand Philippe Donnet: „Kleine und mittlere Unternehmen sind tragende Säulen der europäischen Wirtschaft und wichtige Treiber für den nachhaltigen Wandel.“Der zum 190-jährigen Jubiläum der Versicherung ausgelobte „SME Enterprize“orientiert sich am „Green Deal“und dem Wiederaufbauprogramm „NextGenerationEU“. Heimischer Preisträger und in Brüssel auf der Bühne ist das Wiener Boutiquehotel Stadthalle, das Öko-Hotel, das als Passivhaus angelegt ist und fast genauso viel Energie produziert, wie es verbraucht.
Sie stellen die Klein- und Mittelbetriebe ins Zentrum Ihrer Kampagne. Warum?
PILGRAM: Die KMUs sind die treibende Kraft der europäischen Wirtschaft, das vergisst man zuweilen, wenn es um den Klimaschutz geht. Sie sind ein Zielsegment unserer Gruppe im Versicherungsbereich. Nach den Naturkatastrophen in diesem Jahr sieht man, dass wir Veränderung brauchen. Wir versuchen mit der Initiative SME die Thematik in die Breite zu bekommen, in sieben europäischen Märkten.
Weißbuch
Die Grundidee ist, nachhaltige KMUs mit dem Preis zu unterstützen und die Weiterentwicklung in Zusammenarbeit mit Universitäten voranzutreiben. Bei den Bewerbungen hatten wir ein extremes Spektrum, vom Sozialunternehmen bis zur Wiener Firma Revo Foods, die Lachs aus dem 3-D-Drucker anbietet. Tatsächlich, pflanzliches Lachsfleisch. Da sieht man, welches Potenzial vorhanden ist, abseits von großen Konzernen.
Haben die EU-Programme für Klimaschutz und nachhaltigen Wiederaufbau zu sehr die Großindustrie im Blickfeld?
Ich habe gesehen, dass sich gerade bei den KMUs extrem viel tut, das steht aber nicht so im Blickpunkt der Öffentlichkeit. In Österreich gibt es sehr viele Unternehmen, die umweltbewusst arbeiten.
Sind bei den EU-Projekten wie „Fit for 55“oder beim „Bauhaus“auch die Klein- und Mittelbetriebe an Bord? Solaranlagen am Dach und neue Wärmeisolierung müssen sich ja auch finanziell darstellen lassen, ist das alles in der Realität angekommen?
Ich denke ja, aber es braucht etwas Zeit, das geht nicht von heute auf morgen. Am Ende des Tages betrifft das auch die Versicherungsbranche, etwa beim Umwandeln von Investmentportfolios in Richtung grüner Projekte, Green Bonds usw. Die Welt wird sich nicht in einem Jahr ändern, aber langfristig auf jeden Fall. Dabei sind die KMUs mit an Bord und werden mittelfristig davon profitieren, weil die Finanzierung umweltbewusster Projekte leichter wird.
Ist das Wiederaufbauprogramm der EU zielführend?
Ja, es ist ein Weg, wie man die Wirtschaft neu aufbauen und in die richtige Richtung bringen kann. Das läuft sehr gut.
Rechnen Sie für die Versicherungswirtschaft mit gravierenden Änderungen?
Gravierende Änderungen erwarte ich nicht, es geht aber Schritt für Schritt in Richtung Umwelt und Nachhaltigkeit. In der Kapitalveranlagung ist die Versicherungswirtschaft im Vergleich zu anderen Branchen bereits heute stark, bei den Portfolios geht es in Richtung Dekarbonisierung.
Wo steht da Österreich? Österreich ist sehr umweltbewusst. Die Ansätze sind dieselben wie in der EU, aber es gibt die treibende Kraft der KMUs. Wir kooperieren mit dem österreichischen Green-Tech-Startup Glacier, da kommen kleinere und größere Unternehmen zum Klimaschutz zusammen.
Aber in der Wirtschaft gibt es ja oft zwei Seiten, wie man am Beispiel Lobautunnel in Wien sieht.
Da gibt es wirtschaftliche Interessen und Umweltinteressen, die einander scheinbar im Wege stehen. Kommt man da nicht immer wieder in Konfliktsituationen? Interessenskonflikte kann es immer geben, das ist kein Österreich-Spezifikum. Das Wichtigste ist, einen fairen Übergang in eine klima- und umweltfreundliche Zukunft zu schaffen. Langfristig haben alle die gleichen Ziele.
Jetzt ist es an der Zeit, diesen Übergangsprozess zu beschleunigen, das ist allen bewusst.
In jüngster Zeit gab es eine Reihe außergewöhnlicher Wetterkatastrophen. Was heißt das für die Versicherungswirtschaft, haben Sie jetzt neue Rechenmodelle? Wir rechnen nicht damit, dass die Naturkatastrophen weniger werden. Es gab in diesem Jahr europaweit mehrere Ereignisse hintereinander, oft sehr lokal begrenzt. Die Sorge um die Umwelt ist berechtigt. Aber das ist unser Geschäft, und das lässt sich mit Rückversicherungen gut managen. Die Industrie passt sich an die Gegebenheiten an.
nicht durch ein Jahr wie dieses komplett irritieren lassen.
Ein Punkt bei Ihrem Projekt ist das Thema Wohlbefinden in der Arbeitswelt. Hat sich während der Pandemie viel verändert?
Ich denke, die Pandemie hat die Veränderungen nicht bewirkt, sie hat sie aber beschleunigt. Wir beschäftigen uns intensiv mit einem passenden hybriden Arbeitsmodell, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind unser Kapital. Wir etablieren einen Mix aus Homeoffice und Präsenz in den Büros. Das tut auch der Umwelt gut, es gibt weniger Dienstreisen, weniger Fahrten ins Büro. Generell wird sich die Work-Life-Balance positiv verändern.