Wer Minister bleibt und wer neuer Kanzler wird
Ab 9 Uhr berät die ÖVP, wie sie sich neu aufstellt. Nach den Rücktritten kommt es zu einer großen Rochade.
Es geht um viel, wenn der ÖVP-Vorstand heute Vormittag um 9 Uhr in der Parteiakademie, dem Springer-Schlössl in WienMeidling, zusammentritt. Nicht nur um die Nachfolge von Sebastian Kurz als Parteichef – sondern um das Kanzleramt, eine große Regierungsumbildung und die Zukunft des türkisen Systems.
Am Donnerstagabend, nachdem er eine Dringliche Anfrage der FPÖ im Bundesrat beantwortet hatte, gab Bundeskanzler Alexander Schallenberg – noch keine zwei Monate im Amt – per Aussendung bekannt, dass er die Trennung von Parteichef und Kanzler sowieso nie für sinnvoll gehalten habe. Und: „Es ist nicht meine Absicht und war nie mein Ziel, die Funktion des Bundesparteiobmanns der neuen
Volkspartei zu übernehmen“, schreibt Schallenberg; „Ich stelle daher mein Amt als Bundeskanzler zur Verfügung, sobald parteiintern die entsprechenden Weichenstellungen vorgenommen wurden.“
Womit heute im SpringerSchlössl einiges zu entscheiden ist. Praktisch fix dürfte sein, wer Kurz an der Parteispitze nachfolgt; Innenminister Karl Nehammer, gut vernetzt in ÖAAB und in Niederösterreich, steht bereit, das zu übernehmen. Nehammer soll, so ist es aus einigen Ländern und Bünden zu hören, nicht nur Obmann, sondern auch Kanzler werden. Das gilt spätestens seit Schallenbergs Erklärung als gesetzt – wenn Bundespräsident Alexander Van der Bellen mitspielt, der den Kanzler frei auswählen darf (und auch bei etwaigen Ministerwechseln zustimmen muss).
Aus Nehammers Aufstieg ergeben sich dann einige weitere Rochaden: Ins vakante Innenministerium dürfte die derzeitige Europa- und Verfassungsministerin Karoline Edtstadler wechseln – die Juristin war dort schon unter Türkis-Blau Staatssekretärin. Schallenberg könnte der Regierung erhalten bleiben: Entweder er übernimmt Edtstadlers Amt oder das Außenministerium des jüngst ernannten Michael Linhart, der dann das Europaressort bekäme.
Eng wird es für Kurz’ inneren Zirkel: Finanzminister Gernot Blümels erklärte am Abend, ebenfalls sein Amt zur Verfügung zu stellen. In der Partei war die Angst groß ist, dass ihn weitere Enthüllungen belasten könnten. Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck wiederum ist Bünden und Ländern zu wenig entschlossen aufgetreten. Auch die Tage von Landwirtschaftsministerin Elisabeth Köstinger könnten gezählt sein, wenn die Länder das „System Türkis“abmontieren.
Davon unberührt – weil weit weg vom türkisen Machtzentrum – bleiben dürften einstweilen Heinz Faßmann, Verteidigungsministerin Klaudia Tanner und Arbeitsminister Martin Kocher. Georg Renner