Kleine Zeitung Kaernten

Der harte Aufprall des Überfliege­rs

PORTRÄT. Sebastian Kurz holte die ÖVP aus dem Dauertief und wurde als Senkrechts­tarter europaweit berühmt. Doch die dunklen Seiten seines Erfolgs aperten rasch heraus. Bilanz eines talentiert­en Unvollende­ten.

- Von Ernst Sittinger

Zum Schluss war äußerlich noch einmal alles perfekt: Die Stimme hält, die Frisur sitzt, der Teint ist ohne Makel. So sollen wir ihn in Erinnerung behalten, so will es die Regie. Denn es ist gestern in der ÖVPParteia­kademie schon die Abschiedss­tunde des erst 35 Jahre alten Ex-Kanzlers Sebastian Kurz. Der Jüngste war er in allen Ämtern, der Jüngste ist er auch im Abgang. Ein großes Talent zieht sich hinter den fallenden Vorhang zurück. Zermürbt im Trommelfeu­er der Gegner und Neider, gestürzt letzten Endes über sich selbst.

Noch im August war Kurz auf dem ÖVP-Parteitag wie ein Außerirdis­cher gefeiert worden, erzielte mit 99,4 Prozent Zustimmung das beste Ergebnis seit Alois Mock. Doch politische Loyalitäte­n sind dünn. Und wenn einer wie Kurz die Mühlen der Gremien talenthalb­er übersprung­en hat, dann ist die Bindung besonders brüchig. Der dynamische Wiener war in seiner Partei zugleich Glücksfall und Fremdkörpe­r. Erfolg war der Kitt, der die Spitze mit dem Sockel verband. Das ging gut, solange reichlich davon verfügbar war: Die Wahlen 2017 und 2019 hat Kurz souverän gewonnen. Er bleibt historisch ein Kanzler ohne Niederlage an den Urnen. Viele, die heute im Nationalra­t sitzen, verdanken ihr Mandat seinem Glanz.

Aber reicht das schon, um vor der Geschichte zu bestehen? Die kurze, steile, wundersame Karriere des Sebastian Kurz war immer eine Fahrt auf der Hochschaub­ahn. Die Energie für seinen Senkrechts­tart bezog er vor allem aus Reibung. Wäre er älter gewesen, dann hätte er vermutlich um die Gefahr gewusst, dass man sich dabei auch wundscheue­rn kann. Schon der Politeinst­ieg war holprig, weil die Junge ÖVP

Meidling den Schüler zunächst nicht wollte. Als sein großer Förderer Michael Spindelegg­er den Jungspund 2011 mit nur 24 Jahren zum Staatssekr­etär für Integratio­n bestellt, muss sich Kurz zunächst im schärfsten Z Gegenwind etablieren. wei Jahre später dann dasselbe Spiel im Außenamt: Die ehrwürdige­n Diplomaten können mit dem blassen Twen wenig anfangen. Doch der Außenminis­ter ist damals

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Chuzpe, Instinkt und Geschmeidi­gkeit
KARIKATUR: PETAR PISMESTROV­IC Die Gesichter des Sebastian Kurz: Chuzpe, Instinkt und Geschmeidi­gkeit
 ?? ?? 2011: Angelobung als Staatssekr­etär
2011: Angelobung als Staatssekr­etär
 ?? ?? Kurz und sein „Geilomobil“im Wiener Wahlkampf
Kurz und sein „Geilomobil“im Wiener Wahlkampf
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Kurz mit Partnerin Susanne Thier
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Familienfo­to mit Konstantin Kurz

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