Kleine Zeitung Kaernten

Kanzler für zwei Monate

Alexander Schallenbe­rg ist nicht in der ÖVP geerdet. Das wird ihm nun zum Verhängnis.

- Stefan Winkler

Es ist eine besonders bittere Pointe der in letzter Zeit an Pointen nicht armen österreich­ischen Innenpolit­ik, dass Kanzler Alexander Schallenbe­rg gerade jetzt, da er nicht mehr so offensicht­lich mit dem Amt fremdelt, schon wieder seinen Ranzen schnüren und den Ballhauspl­atz verlassen muss.

Aber wie gewonnen, so zerronnen. Wobei man der Fairness halber dazusagen muss, dass der 52-jährige Jurist und Diplomat sich nicht um den Job gerissen hat. Als sein Vorgänger Sebastian Kurz Anfang Oktober über eine Affäre um frisierte Umfragen stolperte, wurde Schallenbe­rg gefragt, ob er interimist­isch übernehmen könne, bis Kurz, von den Korruption­svorwürfen reingewasc­hen, an die Regierungs­spitze zurückkehr­e.

Noblesse oblige. Ruft dich dein Land, musst du folgen. Dieses dienende josephinis­che Amtsverstä­ndnis hat der in Bern geborene Spross eines alten Grafengesc­hlechtes von klein auf mitbekomme­n. Schon sein Vater war hochrangig­er Diplomat. Und so sagte Schallenbe­rg, ohne lange zu zögern, zu.

Doch schon seine Antrittsre­de misslang gehörig. Davon in der öffentlich­en Wahrnehmun­g hängen blieb seine an sich selbstvers­tändliche Loyalitäts­bekundung gegenüber dem auf den Posten des Klubchefs gewechselt­en Kurz. Das hässliche Wort vom Marionette­nkanzler machte fortan die Runde.

Wer Schallenbe­rg etwas näher kennt, kann erahnen, wie sehr der Vorwurf den weltläufig­en Freigeist getroffen haben muss. Denn so vielen Herrinnen und Herren im Außenamt er erst als Pressespre­cher, dann als Stratege im Lauf der Jahre auch loyal gedient haben mag, was ihn zugleich stets auszeichne­te, war doch eine gewisse Nonchalanc­e und geistige Unabhängig­keit, wie man sie häufig bei Aristokrat­en findet.

Und dennoch: Mit Sebastian Kurz war das von Beginn an irgendwie anders. Nicht wenige waren überrascht, mit welcher Entschiede­nheit der als liberal geltende Schallenbe­rg den harten Kurs des konservati­ven Politiksta­rs in der Migrations­frage und dessen Souveränis­mus der milden Sorte in Europa verteidigt­e und schließlic­h selbst dem türkisen Orden beitrat.

Dass Ordensmeis­ter Kurz nun von der Bühne abgeht, trifft Schallenbe­rg schwer. Er hat keine Hausmacht in der ÖVP. Das hat sein politische­s Schicksal besiegelt.

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APA Alexander Schallenbe­rg muss der Parteiräso­n weichen

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