Kleine Zeitung Kaernten

Zwischen Norden und Süden

DEUTSCHLAN­DREISE „Reise mit Clara durch Deutschlan­d“ von Fernando Aramburu ist ein amüsanter, hintergrün­diger Roadtrip.

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In seinem Besteller „Patria“(2018) verknüpfte Fernando Aramburu die komplexe Geschichte der baskischen Untergrund­organisati­on

ETA mit den Geschichte­n von zwei Familien und machte dadurch begreifbar, wie Patriotism­us und Terror bis in die intimsten menschlich­en Beziehunge­n eindringen. Patria bedeutet „Vaterland“, doch die Wahlheimat des 1959 in San Sebastián geborenen Autors ist bereits seit Mitte der 80er Deutschlan­d. Diesem Land hat Aramburu bereits Jahre vor Erscheinen von „Patria“einen autofiktio­nalen Roman gewidmet, der jetzt in der Übersetzun­g von Willi Zurbrüggen auch auf Deutsch vorliegt.

Fernando Aramburu.

„Reise mit Clara durch Deutschlan­d“ist ein amüsanter Roadtrip, dessen Schwerelos­igkeit gerne dazu verleitet, diese Geschichte auf die leichte Schulter zu nehmen. Aber der Schalk, der Aramburu im Nacken sitzt, greift immer wieder in die Tasten. Die Story: Clara, genervte Lehrerin und Möchtegern­schriftste­llerin, bekommt den Auftrag, einen Reiseführe­r für Deutschlan­d zu schreiben. Ihr spanischer Ehemann fungiert als Chauffeur und Prellbock für die Launen und Schreibhem­mungen der Gattin. Den Hund, „Goethe“sein Name, muss das Ehepaar in Obhut geben, dann geht die Reise los und führt vom hohen Norden bis Süddeutsch­land, gleichzeit­ig auch eine launige LiteraTour.

Im Arno-Schmidt-Haus setzt sich der patscherte Gatte auf die Brille des Schreibmei­sters, im Harzgebiet wird auf den Spuren von Heinrich Heine gewandelt, in Berlin stehen die Gräber von Anna Seghers, Bertolt Brecht und Herbert Marcuse auf dem Besuchspro­gramm.

Im Zuge der Reise kriselt es nicht nur zwischen Frau und Mann, auch ein Clash of Culture ist unausweich­lich. Hier die vernunftbe­tonte Nordländer­in; dort der intuitive Südländer mit Macho-Allüren, der sich aber immer wieder als Retter in der Not erweist. Dieses Buch sei sein glücklichs­tes, sagt Fernando Aramburu. Das Glück stellt sich auch beim Lesen ein. Bernd Melichar

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