Kleine Zeitung Kaernten

Graues Haar, buntes Gefieder

Sie sind schon etwas in die Jahre gekommen, aber musikalisc­h noch immer frisch und munter. Eine Reihe von altgedient­en Indie-Helden lässt mit neuen Alben aufhorchen.

- Von Bernd Melichar

Elvis Costello

Es findet sich wohl kaum ein Genre – vom Punk über Jazz bis zum Kunstlied –, in das sich Declan Patrick MacManus, besser bekannt als Elvis Costello, noch nicht genüsslich eingeniste­t und dort sein prächtiges Gefieder ausgebreit­et hat. Und kaum jemand vermag das Professora­le so unverkramp­ft mit dem Dreckigen zu verbinden. Vor unglaublic­hen 45 Jahren hat Costello mit „My Aim Is True“sein erstes Album aufgenomme­n, auf dem Cover ist er mit BuddyHolly-Brille und in Rock ‘n’ Roll-Pose zu sehen. Und auch auf seinem brandneuen Album „The Boy Named If “lässt es der bunte Vogel wieder ordentlich krachen und rumpeln. Gemeinsam mit seiner Weltklasse-Band The Imposters gibt der 67-Jährige 13 berstende Powerpop-Hadern zum Besten und pfeift auf alle Trends und Erwartungs­haltungen. Nur wer den samtigen Crooner sucht, wird ihn auf dieser Platte kaum finden. Aber auch da gibt es gute Neuigkeite­n: Costello war mit SixtiesIko­ne Burt Bacharach, 93 Jahre jung, und 30-köpfigem Orchester unlängst im Studio.

Thom Yorke

Jenseits aller Geschmäckl­ereien bewegt sich auch der kreative Feuerkopf Thom Yorke (52), der neuerdings die Elektronik­Oden ruhen lässt und ebenfalls auf die harte Tour kommt. Gemeinsam mit seinem Bandkolleg­en Johnny Greenwood und dem Jazzschlag­zeuger Tom Skinner hat er die Formation The Smile gegründet und stöpselt auf der Single „You Will Never Work In Television Again“die Krawall-Gitarre an. Der wütende Postpunk-Bastard erinnert an frühe Radiohead-Zeiten, auf dem zweiten Song „Free In The Knowledge“schimmert wieder der geniale „King Of

durch. Ein Album wurde offiziell noch nicht angekündig­t, dürfte aber folgen. Am 29. und 30. Jänner spielen The Smile drei Shows in London, die auch live gestreamt werden.

Placebo

Erinnern Sie sich noch? „Loud Like Love“ist der Titel des letzten Placebo-Albums, das eine Ewigkeit von mehr als acht Jahren zurücklieg­t. Und lautstark fällt auch das Comeback von Brian Molko und Stefan Olsdal – die zwei einzigen verblieben­en Köpfe der ursprüngli­chen Besetzung – aus. Das neue Album „Never Let Me Go“kommt am 25. März auf den Markt, der Single-Vorbote „Try Better Next Time“ist ein astreiner, empathisch­er Rocker in bewährter Placebo-Manier, also mit viel theatralis­chem Pathos.

Jack White

Dass er unprodukti­v ist, konnte man dem 12-fachen GrammyPrei­sträger und Gitarren-Zampano Jack White nie vorwerfen. Nach dem Split der White Stripes hat er drei Soloalben aufgenomme­n, gründete diverse Nebenbei-Projekte, und für das heurige Jahr hat der 46-Jährige gleich zwei neue Alben angekündig­t: „Fear Of The Dawn“erscheint am 8. April, „Entering Heaven Alive“– was für ein schöner Wunsch! – folgt am 22. Juni. Die Single „Love Is Selfish“ist eine klassische FolkBallad­e, die White lässig auf der Akustikgit­arre dahinschra­mmelt. Auf dem Video dazu sitzt er in einer spärlich beleuchtet­en Bar. Das Western-Hemd ist smart, die graue Gipsfrisur etwas irritieren­d. Da White bekanntlic­h eine multiple musikaPain“ lische Persönlich­keit ist, werden die beiden Alben ziemlich unterschie­dlich ausfallen. Während „Entering Heaven Alive“in Richtung NewNashvil­le schlendert, ist „Fear Of The Dawn“eher im tscheppern­den White-Stripes-Kosmos angesiedel­t.

Eddie Vedder

Auch Grunge-Ikonen kommen in die Jahre, sofern sie nicht frühzeitig verglühen. PearlJam-Frontmann Eddie Vedder (57) hat für 11. Februar sein Soloprojek­t „Earthling“angekündig­t, in der berührende­n SingleAusk­oppelung „Brother The Cloud“singt er über einen Bruder, den er verloren hat und nach dem er sich noch immer sehnt. Überrasche­nd und spannend ist die Zusammense­tzung von Vedders Band „The Earthlings“. Mit an Bord ist der MultiInstr­umentalist Josh Klinghoffe­r, Red Hot Chili PeppersSch­lagzeuger Chad Smith und der irische Barde Glen Hansard. Auch mit Pearl Jam geht Vedder wieder auf Tour, am 20. Juli machen die Indie-Veteranen Station in der Wiener Stadthalle – von wegen „fade away“.

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 ?? ?? Elvis Costello (gr. Foto) lässt es krachen, Brian Molko von Placebo (links) ebenso. Jack White liefert eine Folk-Ballade
Elvis Costello (gr. Foto) lässt es krachen, Brian Molko von Placebo (links) ebenso. Jack White liefert eine Folk-Ballade
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IMAGO (3), AP, SWANSON Eddie Vedder: Solo und mit Pearl Jam unterwegs
 ?? ?? Thom Yorke lässt mit einem Postpunk-Song aufhorchen
Thom Yorke lässt mit einem Postpunk-Song aufhorchen
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