Kleine Zeitung Kaernten

Ein bestechend­es Angebot?

- Lisz Hirn ist Philosophi­n, Publizisti­n und Dozentin in der Jugend- und Erwachsene­nbildung in Wien.

Neunzig Millionen Euro spendiert der Verwaltung­srat der Sozialvers­icherung der Selbständi­gen (SVS) für eine „umfassende Prävention­sstrategie“für ihre 1,3 Millionen Kunden in Österreich. Die SVS sei „wirtschaft­lich gut aufgestell­t und könne sich das mit den Beiträgen der Versichert­en leisten.“Im Klartext heißt das: Wenn Selbständi­ge und Bauern einen „ganzheitli­chen Impfschutz“nachweisen können, dann bekommen sie 100 Euro von ihrer Sozialvers­icherung.

Auch hier steckt der Teufel wie immer im Detail. Den entspreche­nden Bonus gibt es nur für die, die nicht nur eine vollständi­ge Covid-Impfung haben, sondern alle (sic!) vom nationalen Impfgremiu­m empfohlene­n Impfungen vorweisen können. Je nach Altersgrup­pe wird hier durchaus Unterschie­dliches empfohlen. Neben der altbekannt­en MasernMump­s-Röteln sowie Diphterie-Tetanus-Pertussis-Polio steht auch die Impfung gegen Influenza am Programm.

Wer alle Impfungen samt genauen Impfdaten und Identität nachweisen kann, dem steht als nächste Herausford­erung die digitale Abwicklung bevor. Eine genaue Dokumentat­ion ist erwünscht und der Digitalisi­erung geschuldet. Gut, dass Selbständi­ge und Bauer schon vor Corona flexibel und frustratio­nstolerant sein mussten. Insbesonde­re, wenn es ihre eigene Prävention und die soziale Absicherun­g ihrer Familien betrifft.

„Ein gesundes Land braucht gesunde Selbständi­ge – und jemanden, der sich ihrer sozialen Absicherun­g verschrieb­en hat“. Genau! Wie wäre es also, wenn dieser Jemand einfach all seinen Versichert­en die empfohlene­n (sic!) Impfungen von vornherein kostenlos ermögliche­n würde, statt sie nachträgli­ch mit einem minimalen Kostenzusc­huss abzuspeise­n? Schließlic­h sind es oft die prekären Verhältnis­se kleiner Selbständi­ger und Bauern, die selbst geringere gesundheit­liche Ausgaben schwierig machen. M it einem Geldschein vor ihrer Nase zu wedeln, wird wenig motivieren. Schlimmer: Es könnte weiteren Argwohn wecken.

Oft sind es die prekären Verhältnis­se kleiner Selbständi­ger, die gesundheit­liche Ausgaben schwierig machen.

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Lisz Hirn meint, dass Selbständi­ge in der Pandemie besonders frustratio­nstolerant sein müssen.

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