Kleine Zeitung Kaernten

Ein Kolumnist, der stets polarisier­te

Als Zeitungsko­lumnist gab er „Volkes Stimme“den Takt vor. Im Alter von 101 Jahren starb Richard Nimmerrich­ter, bekannt als „Staberl“.

- Von Martin Gasser

Er war über Jahrzehnte der meistgeles­ene Tageszeitu­ngskolumni­st. Richard Nimmerrich­ter, seinen Lesern als „Staberl“bekannt, ist am Sonntag im Alter von 101 Jahren gestorben. Der 1920 in Wien geborene Nimmerrich­ter kam nach dem Krieg schnell zum Journalism­us und landete nach diversen Tätigkeite­n in längst verwichene­n Tageszeitu­ngen und im ORF bei der „Kronen Zeitung“, wo er ab 1964 täglich seine Kolumne „Staberl“veröffentl­ichte.

„Staberl“gab über Jahrzehnte den Takt vor, Nimmerrich­ter sah sich als Anwalt und Sprachrohr des „kleinen Mannes”“und des „gesunden Menschenve­rstandes“.

stimmt, wenn man gewillt ist, sich den „kleinen Mann“auch als spießig und vorurteils­beladen vorzustell­en. Bis ins Jahr 2001 war „Staberl“eine der wesentlich­en Stützen des Massenblat­ts, der auch bei den berüchtigt­en Kampagnen der Zeitung eine wesentlich­e Rolle einnahm. Nimmerrich­ter war ein rechter Bürger, dessen

Einlassung­en niemanden kalt ließen: Man hasste den „Staberl“oder man liebte ihn.

„Kronen Zeitung“-Herausgebe­r Hans Dichand war klug genug, diese Polarisier­ung für sich zu nutzen. Als „Staberl“bildete Nimmerrich­ter „Volkes Stimme“oft nicht ab, er formte sie. Dieser Tonfall war hart und apodiktisc­h, es waren SentenDas zen und Argumente wie aus Kruppstahl, die er seinem Millionenp­ublikum jeden Morgen vorsetzte. Dutzende Male wurde er verklagt, oft verurteilt. In seinen Kolumnen fanden sich unter anderem auch mehr oder weniger versteckte antisemiti­sche Ressentime­nts, Nobelpreis­trägerin Elfriede Jelinek verewigte „Staberl“sogar in ihrem Stück „Stecken, Stab und Stangl.“

Der Mann hinter der Kolumne schien unverwüstl­ich wie seine Texte und begab sich erst im hohen Alter in die Pension. Ersetzen konnte ihn die „Krone“nie. Ende 2020 hatte er seinen 100. Geburtstag gefeiert. In einem Interview mit seinem Hausblatt sagte er, dass er keine Zeitungen mehr lese – der Teletext reiche ihm vollkommen.

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APA Richard Nimmerrich­ter, der sich als Kolumnist „Staberl“nannte, starb 101-jährig in Neufstift am Walde

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