Der Ulrichsberg und die Tugendwächter
Da wird ein einstiger Jungstar der ÖVP zum Chef des Kärntner Verfassungsschutzes bestellt und schon riechen die Gralshüter der Political Correctness Lunte: Der Mann habe vor mehr als zehn Jahren beim Ulrichsbergtreffen Grußworte gesprochen. Damit habe er sich mit einem Treffen von alten und neuen Nazis solidarisiert, wo er nunmehr gerade diese Szene professionell zu überwachen habe. Wahrlich ein Unding.
Verschwiegen wird von den politischen Tugendwächtern, dass Tauschitz‘ Grußworte in einer Reihe von Auftritten aller möglichen Parteienvertreter standen. Nicht nur Jörg Haider frequentierte das Ulrichsbergtreffen, auch führende Köpfe der Kärntner SPÖ und ÖVP. Verschwiegen wird auch, dass bei dem über Jahrzehnte akzeptierten Heimkehrertreffen nicht nur der Überlebenden des Weltkriegs auf deutscher Seite gedacht wurde – auch Abordnungen anderer Nationen waren beteiligt. Ob da auch unbelehrbare Nostalgiker und finstere Reaktionäre teilnahmen, spielte eine untergeordnete Rolle. Das Land Kärnten, das Bundesheer und Traditionsverbände trugen das Ulrichsbergtreffen. Für Politiker jeglicher Couleur galt es als angebracht, dort auch aufzutreten. Ändern sollte sich dies erst in den Jahren nach 2009. So erscheinen die Angriffe auf den neu bestellten Kärntner LVT-Chef als Ausfluss einer heuchlerischen Moral, die politische Verhaltensweisen der Vergangenheit nach heutigen Maßstäben beurteilt.
Im Gegensatz dazu ist der Bestellungsmodus des Herrn Tauschitz näherer Betrachtung wert. Dass der zweifellos kompetente und qualifizierte Exekutivbeamte, der einzige Bewerber für den Posten war – ein zweiter Bewerber hatte angeblich zurückgezogen – gibt doch zu denken. War die Besetzung dieses Spitzenpostens etwa Frucht eines jener „Sideletter“, die gegenwärtig heftig diskutiert werden? Welche Rolle spielte das Innenministerium, das bis vor kurzen von Karl Nehammer geleitet wurde? Und gab es da Absprachen in Kreisen der Kärntner Regierungskoalition? Diese Fragen wären im Hinblick auf den neuen VerfassungsschutzChef Kärntens wesentlich interessanter als seine einstigen Grußworte auf dem Ulrichsberg.
„Der Bestellungsmodus des Herrn Tauschitz wäre wesentlich interessanter als seine einstigenGrußworteauf dem Ulrichsberg.“