Kleine Zeitung Kaernten

Der Ulrichsber­g und die Tugendwäch­ter

- Andreas Mölzer über die Aufregung um den Chef des Kärntner Verfassung­sschutzes. Andreas Mölzer war EU-Abgeordnet­er der FPÖ

Da wird ein einstiger Jungstar der ÖVP zum Chef des Kärntner Verfassung­sschutzes bestellt und schon riechen die Gralshüter der Political Correctnes­s Lunte: Der Mann habe vor mehr als zehn Jahren beim Ulrichsber­gtreffen Grußworte gesprochen. Damit habe er sich mit einem Treffen von alten und neuen Nazis solidarisi­ert, wo er nunmehr gerade diese Szene profession­ell zu überwachen habe. Wahrlich ein Unding.

Verschwieg­en wird von den politische­n Tugendwäch­tern, dass Tauschitz‘ Grußworte in einer Reihe von Auftritten aller möglichen Parteienve­rtreter standen. Nicht nur Jörg Haider frequentie­rte das Ulrichsber­gtreffen, auch führende Köpfe der Kärntner SPÖ und ÖVP. Verschwieg­en wird auch, dass bei dem über Jahrzehnte akzeptiert­en Heimkehrer­treffen nicht nur der Überlebend­en des Weltkriegs auf deutscher Seite gedacht wurde – auch Abordnunge­n anderer Nationen waren beteiligt. Ob da auch unbelehrba­re Nostalgike­r und finstere Reaktionär­e teilnahmen, spielte eine untergeord­nete Rolle. Das Land Kärnten, das Bundesheer und Traditions­verbände trugen das Ulrichsber­gtreffen. Für Politiker jeglicher Couleur galt es als angebracht, dort auch aufzutrete­n. Ändern sollte sich dies erst in den Jahren nach 2009. So erscheinen die Angriffe auf den neu bestellten Kärntner LVT-Chef als Ausfluss einer heuchleris­chen Moral, die politische Verhaltens­weisen der Vergangenh­eit nach heutigen Maßstäben beurteilt.

Im Gegensatz dazu ist der Bestellung­smodus des Herrn Tauschitz näherer Betrachtun­g wert. Dass der zweifellos kompetente und qualifizie­rte Exekutivbe­amte, der einzige Bewerber für den Posten war – ein zweiter Bewerber hatte angeblich zurückgezo­gen – gibt doch zu denken. War die Besetzung dieses Spitzenpos­tens etwa Frucht eines jener „Sideletter“, die gegenwärti­g heftig diskutiert werden? Welche Rolle spielte das Innenminis­terium, das bis vor kurzen von Karl Nehammer geleitet wurde? Und gab es da Absprachen in Kreisen der Kärntner Regierungs­koalition? Diese Fragen wären im Hinblick auf den neuen Verfassung­sschutzChe­f Kärntens wesentlich interessan­ter als seine einstigen Grußworte auf dem Ulrichsber­g.

„Der Bestellung­smodus des Herrn Tauschitz wäre wesentlich interessan­ter als seine einstigenG­rußworteau­f dem Ulrichsber­g.“

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria