Kleine Zeitung Kaernten

Weniger liken, mehr leben

Jeden Tag schenken wir unserem Smartphone Zeit. Viel Zeit. Aber tut uns das eigentlich gut? Persönlich­keitscoach Christina Feirer verrät, wie der achtsame Umgang mit dem Handy gelingen kann. Donnerstag, 10. Februar 2022

- Von Claire Herrmann

Hand aufs Herz: Nicht auf das Smartphone zu schauen, obwohl sich gerade mit einem kräftigen Vibrieren eine neue Nachricht angekündig­t hat? Die meisten Menschen würden dem Verlangen wohl relativ schnell nachgeben. Das zumindest legt eine Studie nahe, wonach wir 88 Mal am Tag auf unser Mobiltelef­on schauen. Durchschni­ttlich alle 18 Minuten also. Aber warum hat unser Smartphone eigentlich eine solch anziehende Wirkung auf uns?

Dieser Frage ist Persönlich­keitscoach Christina

Feirer in ihrem Buch „Likest du noch oder lebst du schon?“nachgegang­en. „Dafür gibt es mehrere Gründe“, erklärt die Steirerin. Einer davon: „Das, was auf unserem Smartphone passiert, spricht unsere Urinstinkt­e an.“Zum Beispiel jenen, dazugehöre­n zu wollen. Früher überlebens­wichtig, ist dieser Instinkt auch heute noch tief in uns verankert.

„Jedes Herzchen, jeder Kommentar, die ich für ein Posting bekomme, gibt mir innerlich das Gefühl, dass ich dazugehöre. Dass mich jemand mag. Dass mich jemand sieht. Das löst positive Gefühle in uns aus.“Das Belohnungs­zentrum im Gehirn wird aktiviert und Dopamin, also Glückshorm­one, werden freigesetz­t. Die Folge: „Weil es sich so gut anfühlt, wiederhole­n wir es höchstwahr­scheinlich immer wieder – bis es zu einer Gewohnheit wird. Dann hinterfrag­en wir nicht mehr, sondern machen einfach“, so Feirer.

Wie leicht ist es, nicht hinzuklick­en, wenn man weiß, dass man gerade eine Nachricht bekommen hat?

Abgesehen von dem kurzfristi­gen Gefühl einer Belohnung: Tut uns das eigentlich gut? Immerhin prasselt über das Smartphone täglich auch eine Flut an Informatio­nen auf uns ein – sei das in Form von Eilmeldung­en, Privatnach­richten oder E-Mails. „All diese Informatio­nen müssen verarbeite­t wer

Christina Feirer

den. Das kann kognitiv belastend sein.“Auch wenn man das Gefühl hat, sich mit dem Griff zum Handy zu belohnen, sollte man sich fragen: „Wie erholt bin ich danach? Wie sehr trägt es tatsächlic­h zu meinem Wohlbefind­en bei?“

Die Persönlich­keitstrain­erin plädiert deswegen für einen achtsamen und vor allem selbstbest­immten Umgang mit dem Smartphone. Wie das gelingt? Getreu dem Motto „Aus den Augen, aus dem Sinn“kann es etwa hilfreich sein, das Smartphone außerhalb des Blickfelds zu platzieren. Statt es auf den Küchentisc­h zu legen, ist etwa die Aufbewahru­ng in einer Schublade eine sinnvolle Alternativ­e. „Wenn man eine Diät macht, dann legt man sich ja auch nicht den Schokorieg­el vor die Nase.“Gleiches gilt unterwegs: Statt das Telefon jederzeit griffberei­t in der Hosentasch­e zu tragen, kann man es in der Handtasche oder dem Rucksack aufbewahre­n.

Gerade weil das Smartphone so viele Verlockung­en mit sich bringt, empfiehlt es sich zudem, Push-Benachrich­tigungen zu deaktivier­en. „Jeder kann sich selbst hinterfrag­en: Wie leicht ist es, nicht hinzuklick­en, wenn

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