Kurze Jagdsaison auf Goldene Bären
Noch nie liefen auf der Berlinale so viele Liebesfilme. Heute beginnt sie. Ulrich Seidls „Rimini“ist im Bewerb.
Dass die Berlinale ab heute als Präsenzfestival über die Bühne gehen soll, spaltet die Gemüter und die Branche. „Wie im falschen Film“fühlte sich etwa die Kommentatorin der Wochenzeitung „Die Zeit“. „Sagt die Berlinale ab!“, fordert rbb24.at. Doch eines der größten Filmfestivals der Welt hält am Plan für eine analoge Veranstaltung fest. Das Leitungsduo Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek will es so.
Bei der 72. Ausgabe ist einiges anders: verkürzte Wettbewerbstage, weniger Tickets, 2G bis 2G+-Maßnahmen, keine Partys. Die Star-Dichte dürfte begrenzt sein. Isabelle Huppert dürfte gesetzt sein, sie wird mit dem Goldenen Ehrenbären ausgezeichnet. Und Regisseur M. Night Shyamalan („The Sixth Sense“) ist als Jurypräsident auch anwesend. Insgesamt 256 Filme laufen, um 25 Prozent weniger als 2021. „Nie zuvor wurden bei uns so viele Liebesgeschichten eingereicht“, klärte Chatrian auf. 18 Filme gehen im Wettbewerb auf Bärenjagd. Die ist verkürzt – die Preise werden bereits am Mittwoch vergeben.
Eröffnet wird heute mit François Ozons „Peter von Kant“. Im Rennen um den Goldenen Bären ist auch Ulrich Seidls neuer Film „Rimini“. Hauptdarsteller Michael Thomas verkörpert einen Schlagerstar, der abgehalftert vor Bustouristen an der italienischen Küste dem Ruhm von einst hinterherjagt und sich mit seiner Tochter befassen muss.
In der wagemutigen Schiene „Encounters“sind gleich zwei Filmemacherinnen aus Wien vertreten: Kurdwin Ayub mit ihrem Spielfilmdebüt „Sonne“, das im April die Diagonale in Graz eröffnet. Sowie Ruth Beckermann mit ihrem Dokumentarfilm „Mutzenbacher“, in dem sie junge Burschen und ältere Herren mit Auszügen aus dem Skandalroman „Josefine Mutzenbacher“konfrontiert und danach mit ihnen über Sex, Männlichkeit und Rollenbilder spricht.