Ihr Balzgesang ertönte schon in New York
Seit bald 20 Jahren sind im Tierpark Rosegg Waldrappe heimisch. Heuer gibt es eine Premiere: Erstmals brüten ziehende Vögel.
Nach sechs Wochen im Nest ist es heute so weit: Brambles und Sparkles machen ihre ersten Flugversuche. Sie ziehen über dem Tierpark Rosegg ihre Kreise und scheinen es zu genießen. Nur die Landung ist noch etwas holprig. Aber aller Anfang ist bekanntlich schwer.
Seit bald 20 Jahren ist der Zugvogel, der vor Jahrhunderten durch Überjagung in Mitteleuropa verschwunden war, im Tierpark heimisch. „21 Waldrappe sind damals im Rahmen eines wissenschaftliche Projektes hierhergekommen“, erzählt Emanuel Liechtenstein, der
Leiter des Tierparks. Aus dem wissenschaftlichen Projekt wurde ein Wiederansiedlungsprojekt. Neben Rosegg gibt es drei weitere Brutgebiete in Österreich bzw. Deutschland. Ziel ist es, den Ibisvögeln ihre Zugtradition beizubringen. Einerseits in Form einer menschengeführten Migration von handaufgezogenen Vögeln in ein Schutzgebiet in Italien, andererseits gibt es das Bestreben, die sesshafte Kolonie von rund 50 Vögeln in Rosegg durch Zufügen zugerfahrener Vögel in eine ziehende zu verwandeln. Letzteres ist ein Prozess, der sich über Jahre erstreckt. Im Vorjahr sind erstmals selbstziehende Vögel zurückgekommen. Heuer brüten selbstziehende Vögel zum ersten Mal. Neun Waldrappe kamen bislang aus dem Süden retour. Vier Paare haben Eier oder bereits Küken. In der Voliere, in der die sesshaften Waldrappe den Winter verbringen, gibt es eine Brutwand. In jeder der Nischen ist ein Nest und es gibt eine Rangordnung: Die Bosse haben die besten Plätze.
macht sich mit einem Grasbüschel in seine Nische auf. Der Nachwuchs soll es ja gemütlich haben. Ein anderer war einmal besonders kreativ: „Er hatte gleich drei FFP2-Masken in das Nest eingebaut. Lynne
Ein Waldrapp
scannen und weitere Fotos sowie Videos anschauen.
Unsere Vision ist es, aus der sesshaften Kolonie in Rosegg eine ziehende zu machen. Dieser Prozess zieht sich über Jahre.
hat sie entfernt“, sagt der Tierparkleiter. Mit Lynne ist Pflegerin Lynne Hafner gemeint. Die Biologin füttert die Vögel und schaut nach dem Rechten.
Mit Beginn der Balz wird die Schleuse der Voliere geöffnet. „Die Vögel sind in einem Umkreis von 50 Kilometern unterwegs“, sagt Liechtenstein. Ihr Balzgesang hat es sogar schon nach New York geschafft. „Im BronxZoo haben die Waldrappe plötzlich nicht mehr gebrütet. Ein Professor war auf der Suche nach schönen Balzgesängen. Er ist auf uns gestoßen, hat hier Aufnahmen gemacht und sie den dortigen Vögeln vorgespielt“, erzählt Liechtenstein. Es hat funktioniert: „In jenem Jahr gab es elf Junge“. Waldrappe können ein stolzes Alter erreichen. In Rosegg ist der älteste 20 Jahre alt. In freier Wildbahn ist es anders. Die Verluste seien groß. Jagd, Strommasten und Pestizide dezimieren die Population der insgesamt 150 ziehenden Vögel. „Für eine Population, die lebensfähig ist, bräuchten wir 300 bis 500 Vögel“, sagt Liechtenstein. Rosegg leistet jedenfalls seinen Beitrag: „Unsere Vögel produzieren sehr viele Junge.“Da sie naturnah gehalten werden, sind sie stärker und robuster.
Einer der beiden Jungvögel kreist wieder über unseren Köpfen. Schauen wir, wohin seine Reise gehen wird.