EZB-Zins könnte auf 1,5 Prozent steigen
Nationalbank: Reallöhne dürften heuer um 2,5 Prozent sinken – so stark wie noch nie.
Die EZB-Reise zu höheren Zinsen ist gestartet. Wohin sie noch gehen könnte, hat am Freitag der Gouverneur der Nationalbank, Robert Holzmann, zwischen den Zeilen durchblicken lassen. Ein EZBLeitzinssatz von demnächst 1,5 Prozent könnte eine realistische Zielgröße der weiteren Etappen bis 2023 sein. Die Nationalbank rechnet für 2022 mit einer Teuerungsrate von sieben Prozent in Österreich, was weit entfernt von den prognostizierten 2,7 Prozent und 3,8 Prozent im Dezember und
April ist. Die hohen Energiepreise sind nach Einschätzung von OeNB-Chefökonomin Birgit Niessner „ein Problem, das nicht verschwindet“. Was sich in allen Produkten und Dienstleistungen niederschlagen wird. Für 2023 geht die OeNB von 4,2 Prozent Inflation aus, 2024 von drei Prozent.
Dass sich aus der herausfordernden Lage die tückische Kombination aus hoher Inflation und stagnierender oder gar schrumpfender Wirtschaft entwickelt, erwartet Holzmann nicht. „Wir nehmen nicht an, dass es zu einer Stagflation kommt.“Der private Konsum ist mit vier Prozent stark im Plus, viele geben jetzt die Corona-Ersparnisse aus.
Dabei nehmen die Reallohnverluste mit heuer voraussichtlich 2,5 Prozent bereits ein historisches Ausmaß an, das es seit den 1950erJahren so nicht mehr gegeben hat. Bei den Wachstumserwartungen bewegt sich die OeNB für heuer mit 3,8 Prozent Plus beim Bruttoinlandsprodukt noch in luftigen Höhen. 2023 und 2024 werde die Wirtschaft um 1,9 Prozent wachsen. Die Annahme beruht aber darauf, dass es keine Lockdowns gibt, der Krieg in der Ukraine heuer endet und weiter Gas fließt.
Kommt es anders im Sinne von schlimm, steht eine tiefe Rezession ins Haus. Dann breche das BIP um vier Prozentpunkte ein, so OeNB-Chefprognostiker Gerhard Fenz.
Wie passt dieser Fall noch mit Zinserhöhungen zusammen? Dann gehe es in der EZB um sehr schwerwiegende Abwägungen, sagt Holzmann und fügt an, dass ein Leitzins von etwa 1,5 Prozent real immer noch extrem niedrig sei.