Vatertag – was gibt’s da zu feiern?
Heute ist wieder Vatertag – der ein Schattendasein im Vergleich zum Muttertag führt. Was gäbe es da auch viel zu feiern? Die Zahlen der Väterkarenz stagnieren seit 20 Jahren und auch das „Halbe-Halbe“in Haushalt und Kinderbetreuung ist nicht viel mehr als ein frommer Wunsch. Zugestanden – aber: Warum ist das so? Alles verantwortungslose „Kindflüchter“oder von Grund auf emotionale Analphabeten?
Es kann aber wohl nicht sein, dass das, was wir seit Simone de Beauvoir über „typische“Frauen wissen, nämlich dass sie nicht so geboren, sondern zu solchen gemacht werden, für Männer nicht gilt! Also hören wir auf zu moralisieren und schauen wir hin, wie Buben zu Männern und später Vätern gemacht werden.
Da ist zunächst eine traditionelle Erziehung, die Buben viel zu oft immer noch als widerstandsfähige „Indianer“, die „keinen Schmerz kennen“, sieht. Denen der Ausdruck von Gefühlen und Nähe damit schwer gemacht wird. Dann das Berufsleben und die Anforderungen der Arbeitswelt: Durchsetzung, Härte, Konkurrenzfähigkeit, um andere auszustechen, aber belächelt werden, wenn der Wunsch nach mehr Kontakt zu den eigenen Kindern geäußert wird. Anerkennung und Respekt gibt es für Letzteres kaum.
I mmer wieder ergeben Studien an jungen Vätern, dass sie gern mehr Zeit für Familie (und auch für die Partnerschaft!) hätten. Unsere zugespitzte, neoliberale Konkurrenz- und Leistungsgesellschaft macht ihnen das nicht leicht. Leicht machen sich’s dagegen jene, die mit pauschalierender Männerschelte so etwas wie eine Sozialpathologie der „toxischen“Männlichkeit vertreten und damit auch für Väter hauptsächlich negative Zuschreibung parat haben: ohne Fürsorge, sexistisch, gewaltbereit. Was wirklich „toxisch“ist, sind aber die Verhältnisse, die Männlichkeit nach wie vor einseitig am beruflichen Erfolg, an fragwürdiger Stärke und Leistungsfähigkeit (und sei’s am Mountainbike) festmachen. Das zu bedenken, lade ich am Vatertag ein.
Josef Christian Aigner ist Psychologe, Pädagoge und Psychotherapeut und war Univ. Prof. in Innsbruck
„Hören wir auf zu moralisieren und schauen wir hin, wie Buben zu Männern und später Vätern gemacht werden!“