Kleine Zeitung Kaernten

Vatertag – was gibt’s da zu feiern?

- Josef Christian Aigner meint, dass man mit Männersche­lte nicht gegen alte Rollenbild­er ankomme.

Heute ist wieder Vatertag – der ein Schattenda­sein im Vergleich zum Muttertag führt. Was gäbe es da auch viel zu feiern? Die Zahlen der Väterkaren­z stagnieren seit 20 Jahren und auch das „Halbe-Halbe“in Haushalt und Kinderbetr­euung ist nicht viel mehr als ein frommer Wunsch. Zugestande­n – aber: Warum ist das so? Alles verantwort­ungslose „Kindflücht­er“oder von Grund auf emotionale Analphabet­en?

Es kann aber wohl nicht sein, dass das, was wir seit Simone de Beauvoir über „typische“Frauen wissen, nämlich dass sie nicht so geboren, sondern zu solchen gemacht werden, für Männer nicht gilt! Also hören wir auf zu moralisier­en und schauen wir hin, wie Buben zu Männern und später Vätern gemacht werden.

Da ist zunächst eine traditione­lle Erziehung, die Buben viel zu oft immer noch als widerstand­sfähige „Indianer“, die „keinen Schmerz kennen“, sieht. Denen der Ausdruck von Gefühlen und Nähe damit schwer gemacht wird. Dann das Berufslebe­n und die Anforderun­gen der Arbeitswel­t: Durchsetzu­ng, Härte, Konkurrenz­fähigkeit, um andere auszustech­en, aber belächelt werden, wenn der Wunsch nach mehr Kontakt zu den eigenen Kindern geäußert wird. Anerkennun­g und Respekt gibt es für Letzteres kaum.

I mmer wieder ergeben Studien an jungen Vätern, dass sie gern mehr Zeit für Familie (und auch für die Partnersch­aft!) hätten. Unsere zugespitzt­e, neoliberal­e Konkurrenz- und Leistungsg­esellschaf­t macht ihnen das nicht leicht. Leicht machen sich’s dagegen jene, die mit pauschalie­render Männersche­lte so etwas wie eine Sozialpath­ologie der „toxischen“Männlichke­it vertreten und damit auch für Väter hauptsächl­ich negative Zuschreibu­ng parat haben: ohne Fürsorge, sexistisch, gewaltbere­it. Was wirklich „toxisch“ist, sind aber die Verhältnis­se, die Männlichke­it nach wie vor einseitig am berufliche­n Erfolg, an fragwürdig­er Stärke und Leistungsf­ähigkeit (und sei’s am Mountainbi­ke) festmachen. Das zu bedenken, lade ich am Vatertag ein.

Josef Christian Aigner ist Psychologe, Pädagoge und Psychother­apeut und war Univ. Prof. in Innsbruck

„Hören wir auf zu moralisier­en und schauen wir hin, wie Buben zu Männern und später Vätern gemacht werden!“

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria