Starke Kinder durch Selbstschutz
Selbstbewusstsein stärken, Gefahr erkennen: zu Besuch bei einem Selbstverteidigungs-Workshop in der VS Friesach.
Zuerst ein Fußstoß gegen das Schlagpolster, das der Trainer hält, danach eine Rolle vorwärts – die Schülerinnen und Schüler der 3 B-Klasse der Volksschule (VS) Friesach machen auf der Matte eine gute Figur. Einer nach dem anderen führt die Übung vor dem geschulten Auge von Trainer Wolfgang Taferner durch. Heute ist die vierte und letzte Einheit des Selbstverteidigungsund Selbstbehauptungs-Workshops des Vereins „Ich wehre mich“. Die Kinder haben schnell gelernt, sind sich Klassenlehrerin Andrea Wachernig und Taferner einig.
Wenig später steht ein Parcours auf dem Programm. Die Kinder befreien sich aus einer Unterarmwürge, laufen weg, treten mehrmals gegen die Wand und schreien laut „Geh weg“. Abgeschlossen wird der Parcours mit einer Rolle und der Schutzstellung; die Hände zu Fäusten geballt. Die Mädchen und Buben feuern sich gegenseitig an. „Alex, Alex“ertönt es jetzt. Oleksandr ist einer von fünf ukrainischen Kindern, die die Volksschule besuchen. Der Verein ermöglicht es ihnen, kostenlos an dem Kurs teilzunehmen. „Super gemacht“, sagt Taferner, nachdem das letzte Kind den Parcours absolviert hat: „Ich bin stolz auf euch!“Zum Abschluss bekommt jeder eine Urkunde überreicht. Die Augen der Kinder strahlen.
„Die Kinder sollen ein Gespür
dafür bekommen, eine Gefahr schnell zu erkennen. Sie lernen auch, dass sie als Kinder nicht komplett wehrlos sind“, sagt Wachernig. „Laut einer Statistik werden rund 80 Prozent der Angriffe bei geringem Widerstand abgebrochen“, sagt Taferner, der von Beruf Polizist ist und dort auch als Einsatztrainer tätig ist.
Dem 48-Jährigen ist bei den Trainingseinheiten eines ganz wichtig: dass die Kinder Spaß haben, spielerisch lernen und dass niemand ausgelacht wird. Die Kinder beschäftigen sich sogar außerhalb des Kurses mit dem Thema: „Sie üben die Griffe in der Pause im Freien“, sagt Wachernig.
Taferner, der vom Ju-Jutsu kommt, hat seinen Verein im Jahr 2010 gegründet und bietet kärntenweit Kurse an, auch für Frauen. Der Friesacher nimmt wahr, dass der Selbstverteidigung größere Priorität zukommt. Stärkung des Selbstvertrauens und des Selbstbewusstseins sowie Bewegung sind für Eltern neben dem Selbstschutz Beweggründe. Bei den Kursen für Frauen sind immer wieder Frauen dabei, die selbst Partnergewalt erlebt haben. „Es ist schon passiert, wenn Kurse länger dauern, dass sich mir Frauen anvertraut haben und es zu einer Anzeige gekommen ist“, sagt Taferner. Bei den Kursen wird auch der rechtlichen Komponente Augenmerk geschenkt: Was darf ich, was darf ich nicht? Neben den kleinen Erfolgen gebe es aber auch Rückschläge. Etwa, wenn der Partner nicht will, dass seine Frau den Kurs weiter besucht.
Für die Friesacher Volksschüler ist dieser Workshop beendet. Sie freuen sich aber schon auf die Fortsetzung im nächsten Schuljahr.