Wer Servus TV ignoriert, der irrt
Stiftungsrat, Gesetzeswunsch, Newsroom: Während das Rundherum des ORF breite Aufmerksamkeit beansprucht, kratzen die Rekordquoten von Servus TV bloß an der Wahrnehmungsschwelle. Österreichs seit 2021 stärkster Privatsender legt weiter zu. Im Mai erzielte er 4,7 Prozent Marktanteil. ORF 1 hatte 8,3 Prozent. Ausschlaggebend für die Höchstmarke sind Formel 1, Champions League und Grand-Slam-Tennis. Doch Kritiker des Programms machen es sich zu leicht, wenn sie nur Sport als Erfolgsursache nennen. Servus TV gewinnt mit Information kontinuierlich Seher. Seine Nachrichten um 19.20 Uhr hatten heuer im Schnitt fast 200.000 Zuschauer und über acht Prozent Marktanteil.
Die „Zeit im Bild“ist zwar fünfmal so stark, doch außer ORF 2 liegen alle InfoAngebote hinter dem Salzburger Sender. Das gilt auch für dessen Diskussionsformate: Michael Fleischhackers „Talk im Hangar-7“hatte 2021 erstmals im Schnitt ein sechsstelliges Publikum. Auch „Links. Rechts. Mitte“liegt heuer über dieser Marke.
Das ist zwar ebenfalls erst ein Fünftel des Publikums für „Im Zentrum“des ORF, aber deutlich mehr als im Schnitt 60.000 Seher von „Pro und Contra“auf Puls 4. Während die Zuschauerzahlen dieser Formate im Mehrjahresvergleich stagnieren, ist bei Servus TV neben der InfoQuote auch der Talk-Trend steigend. Das Segment entspricht bereits dem gesamten Marktanteil des Senders, die Abendnachrichten liegen sogar weit darüber. Die Sportrechte sind bloß sein Turbo. leischhacker hat soeben im Fachmagazin „Horizont“erläutert, welche Grundsätze er für seine Runden pflegt: „Man muss immer mit allen sprechen.“Er missbilligt sowohl das Proporz-Einladungsprinzip des ORF wie die Twitter-Hoheit von Armin Wolf. Als Alternative dazu funktioniert die umgekehrt Servus TV vorgeworfene rechte Schlagseite bei TalkgastAuswahl und Info-Perspektive. Das gilt auch für die meistkritisierte Sendung des Hauses, den Wochenrückblick seines Intendanten. 2022 sehen Samstagabend bereits 150.000 Menschen lieber „Der Wegscheider“als „Zeit im Bild“. Gerade wer das als schlimm empfindet, darf es nicht ignorieren.
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