Brexit-Premier Boris Johnson spielt weiter mit dem Feuer
London pfeift auf mit der EU getroffene Abmachungen – diese zeigt sich bereit, rechtliche Schritte einzuleiten.
Gut zwei Jahre nach dem für das britische Volk folgenreichen Brexit setzt London mehr denn je auf Konfrontation: Die Regierung von Premierminister Boris Johnson will einen Teil der in zähen Verhandlungen mit der EU im Rahmen des „Nordirland-Protokolls“getroffenen Abmachungen – einseitig – ändern.
Johnson spricht von „relativ trivialen Änderungen“, plant aber doch, vehement Hand anzulegen: Warenkontrollen zum Schutz des EU-Binnenmarkts etwa sollen gestoppt und durch eine freiwillige Regelung ersetzt werden. Geplant sind eine „grüne Spur“mit weniger Kontrollen für diejenigen, die Waren in Richtung Nordirland verkaufen – und eine „rote Spur“mit bestehenden Kontrollen für
Waren, die für EU-Länder bestimmt sind. Brüssel überlegt, rechtliche Schritte gegen das Vereinigte Königreich einzuleiten. Ein seitens der EU eingefrorenes Vertragsverletzungsverfahren – gestartet im März 2021, ausgesetzt im Juli – könnte aufgetaut werden und „Brexitannia“in Nöte bringen. Irlands Regierungschef Micheál Martin ortet „fundamentalen Vertrauensbruch“durch die Briten. London argumentiert mit der „Doktrin der Notwendigkeit“– man könne den völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht nachkommen: Das Protokoll in seiner jetzigen Form sei – wegen der Bedrohung des Karfreitagsabkommens – „Gefahr“für Gesellschaft und Politik in Nordirland. Weiterer Zwist ist vorprogrammiert.