Familienbeihilfe: Hohe Rückzahlung droht
Die von Türkis-Blau eingeführte Familienbeihilfsregelung gegen Arbeitsmigranten aus ärmeren Staaten könnte heute gekippt werden.
Für die türkis-blaue Regierung von Sebastian Kurz und Heinz-Christian Strache war sie ein Kernprojekt, in Europa sorgte sie von Anfang an für Kritik: Die Indexierung von Familienleistungen, also die Anpassung der Höhe nach oben oder unten für Familien an das Preisniveau des Landes, in denen das Kind lebt. Seit 2019 ist die Regelung in Kraft. Bereits vier Wochen danach leitete die EU-Kommission ein Verfahren gegen Österreich ein, im Mai 2020 wurde eine Vertragsverletzungsklage beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) eingebracht. Die Begründung: Die Indexierung verstoße gegen EU-Recht. Am Donnerstag (der in Luxemburg kein Feiertag ist) wird der Europäische Gerichtshof nun sein Urteil fällen. Die Wahrscheinlichkeit ist groß, dass er die Regelung endgültig kippt. Im Jänner war nämlich der Generalanwalt des EuGH, Jean Richard de la Tour, in seinem Schlussantrag zum Befund gekommen: Ja, die Regelung verstößt gegen EU-Recht. Sein Vorschlag ist zwar rechtlich nicht bindend, in drei von vier Fällen folgt der EuGH jedoch dem Urteil des Generalanwalts.
Die Argumentation: Weil Wanderarbeiter aus anderen
EU-Ländern in Österreich die gleichen Steuern und Abgaben zahlen wie österreichische Arbeitnehmer, tragen sie in gleichem Maße zum Familienlastenausgleichsfonds bei. Ihnen stünden auch Familienleistungen in gleicher Höhe zu.
Die Indexierung gilt derzeit beim Familienbonus, beim Kinderabsetzbetrag und bei der Familienbeihilfe, wo die Unterschiede am deutlichsten werden: So werden für ein elfjähriges Kind, das in Österreich lebt, 142 Euro pro Monat gezahlt. Für ein Kind, das in Dänemark lebt, wo das Lohnniveau höher ist, sind es 179 Euro. Für ein elfjähriges Kind in Rumänien nur 68 Euro. Besonders Familien aus Ost- und Südosteuropa, von denen die Eltern etwa in der Pflege in Österreich arbeiten, deren
Kinder aber hauptsächlich im Ausland leben, mussten deutliche Kürzungen hinnehmen.
Die müssten nach einem EuGH-Urteil rückwirkend ausgezahlt werden, an all jene Familien, die bisher zu wenig bekommen haben. Österreich hat dafür zwar finanzielle Rücklagen gebildet – allerdings nur 220 Millionen Euro, wie das Familienministerium von Susanne Raab (ÖVP) bekannt gab.
Aus der Beantwortung von parlamentarischen Anfragen geht hervor, um wie viel weniger pro Jahr an Familienbeihilfe ausgezahlt wurde: Im Jahr 2019 waren das 62 Millionen Euro, 2020 waren es 87 Millionen und 2021 141 Millionen Euro. Insgesamt sind also Zahlen von rund 290 Millionen Euro betroffen.
Unklar ist noch, was auf jene