Kleine Zeitung Kaernten

Der neue Erste-Chef ist Willibald Cernko

Der letzte Karriere-Schritt ist zugleich der ungewöhnli­chste für den Steirer Willibald Cernko. Wenn andere in Pension gehen, übernimmt er das Ruder in der Erste Group.

- Von Claudia Haase

Was kann sich selbst eine ausgesproc­hen erfolgreic­he Bankengrup­pe nicht leisten? Darauf kann es zwar viele Antworten geben, zugespitzt auf eine Person gibt es heute aber nur eine: In extremen Zeiten wie diesen – die noch mehr Krisenpote­nzial bergen könnten, als in den vergangene­n Monaten offenbar wurde – kann es sich selbst die Erste Group nicht leisten, keine starke Führungspe­rsönlichke­it an der Spitze zu haben.

Die Lücke, die Bernd Spalt vor einem Monat mit seiner Ankündigun­g aufgetan hatte, seinen Vertrag per Ende Juni 2023 nicht verlängern zu wollen, wird geschlosse­n. Der Steirer Willibald Cernko übernimmt schon am 1. Juli in der Erste Group das Ruder. Und zwar mit laufendem Vertrag bis Ende 2024. Das hat der Aufsichtsr­at Mittwochab­end entschiede­n.

Cernko bekleidet zudem die Funktion des Chief Retail Officers. Der Karrieresp­rung ist bemerkensw­ert: Der 65-Jährige ist kein Erste-Urgestein, er dockte bei Österreich­s größter Bankengrup­pe an, nachdem er als Chef der UniCredit Bank Austria das Handtuch geworfen hatte, weil die Kompetenze­n Wiens so ausgehöhlt wurden, dass es einer Entmachtun­g gleichkam. Der langjährig­e Erste-Boss Andreas Treichl holte Cernko einstigen Rivalitäte­n zum Trotz 2016 in den Vorstand. Dort spielte sich der Judenburge­r nie in den Vordergrun­d. Der grundsätzl­ich für seine Direktheit und Klarheit bekannte Cernko genießt heute großen Rückhalt bei den Sparkassen und den Mitarbeite­rn.

Aufsichtsr­atsvorsitz­ender Friedrich Rödler sieht in Cernko einen sehr aktiven Chef. Bei der Strategie 2030 dürfte nun neues Tempo kommen. Die Banken

gruppe hat sich unter Treichl immer als Schrittmac­her bei Innovation­en gesehen. Dass der legendäre Ex-Chef Treichl Gerüchten zufolge selbst in der Ziehung für eine Rückkehr gewesen sein soll, wird von mit der Situation vertrauten Personen als falsch bezeichnet. Was nachvollzi­ehbar ist: Das Signal in die Richtung Kapitalmär­kte wäre verheerend gewesen – nach dem Motto, muss es jetzt der Ex-Chef richten? Das hätte

ein dramatisch falsches Licht auf die Banken-Gruppe geworfen. Denn Spalt legte Ende Februar ein Rekorderge­bnis vor.

Das Scheiter-Risiko für den bald 66-jährigen Cernko, der sich selbst als aktiven Gestalter begreift, dürfte gering sein. Geht er in einigen Jahren in Pension, gilt der noch bei der estnischen Luminor-Bank gebundene Ex-Erste-Banker Peter Bosek als ein aussichtsr­eicher Nachfolgek­andidat.

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APA; ERSTE BANK / MARION PAYR Willibald „Willi“Cernko wird späte Ehre zuteil

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