Die Blackbox-Partei braucht eine Zäsur
NDoris Helmberger meint, dass die Volkspartei an selbstzerstörerischer Realitätsverweigerung leide. un also auch Günther Platter. Nur zehn Tage nach Hermann Schützenhöfer stellte sich auch der Tiroler Landeshauptmann vor die Presse und verkündete zugleich Abgang und Nachfolger. Wie bei seinem steirischen Pendant, kam der Zeitpunkt überraschend – die Hofübergabe war aber deutlich weniger fein orchestriert. Prompt meldete sich der Tiroler Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Walser zu Wort: Er habe eine „glaubwürdigere Erneuerung“erwartet, als dies die Kür von Wirtschaftslandesrat Anton Mattle zum Spitzenkandidaten für die Landtagswahl signalisiere. Tiroler gegen Tiroler, das ist Brutalität.
Brutal waren auch die letzten Monate und Jahre – für alle Politiker(innen). Dass Platter nach der LandeshauptleuteKonferenz am Achensee, bei der die Impfpflicht beschlossen wurde, offenbar mit Morddrohungen konfrontiert war, muss aufrütteln. Dennoch ist dies wohl nur die halbe Wahrheit. Die Aussicht, angesichts der aktuellen Großwetterlage am Ende einer langen Politkarriere eine Niederlage einzufahren, hat Platters Sehnsucht auf die Polit-Pension wohl ebenfalls genährt.
Tatsächlich hat die staatstragende, seit jeher auf ihre Wirtschaftskompetenz und christlichsozialen Wurzeln verweisende ÖVP ein selbstzerstörerisches Realitätsverweigerungsproblem. Bis heute scheint man nicht bereit, die dunklen Stellen der türkisen Vergangenheit in Augenschein nehmen zu wollen. Ein Untersuchungsausschuss, der in seinem Namen schon ein Urteil spricht, ist zwar eine Chuzpe der Opposition – doch es hilft nichts: Will die ÖVP wieder Zukunft haben und kein Democrazia Cristiana-Schicksal erleiden, muss sich die mittlerweile als „Blackbox“erscheinende Partei aus eigenem Antrieb einer radikalen Transparenzkur unterziehen. oraussetzung dafür ist freilich, sich vom Narrativ der verfolgten Unschuld zu verabschieden. Spätestens das Wahlkampfkosten-Misstrauen des Rechnungshofs, der von einer aus der ÖVP stammenden Präsidentin geführt wird, macht eine Zäsur unumgänglich.
Will die ÖVP Zukunft haben und kein Democrazia Cristiana-Schicksal erleiden, muss sie sich einer radikalenTransparenzkur unterziehen.
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