Kleine Zeitung Kaernten

Leben ist Kunst ist Leben

In einem Ottakringe­r Fuhrwerker­haus ergänzen sich Epochen und Stile, Urbanes und Ländliches.

- Von Walter Titz

Am Anfang stand die Suche nach einem Atelier. Sie führte Wendelin Pressl in den 16. Wiener Bezirk, nach Ottakring. Erschwingl­ich angeboten waren in einem einstöckig­en Haus die ebenerdige­n Räume, die einst Stallungen und „Garagen“für Fuhrwerke waren. Ein vor allem in der (einstigen) Wiener Vorstadt gar nicht seltener Typus: das Fuhrwerker­haus. Der aus der Steiermark stammende Künstler griff zu.

Tritt man heute durch das große Tor, gelangt man in einen kleinen Hof, in dem Vielerlei blüht und gedeiht – Gewürzpfla­nzen, Rosen, Feigen und mehr. „Sogar am Wochenende ist es vollkommen ruhig hier drinnen“, sagen Pressl und seine Partnerin, die Kunsthisto­rikerin Juliane Feldhoffer. Für stets erwünschte­s Leben in der Oase sorgt Sohn Kaspar (5), der sich in einem Dachzimmer eingericht­et hat, aber auch in den restlichen Räumen, die größtentei­ls zu einem einzigen offenen Wohnbereic­h verschmelz­en, sichtlich zuhause ist.

Das war nicht immer so. Anfänglich war es das in mühsamer Arbeit wohnbar gemachte

in dem sich Eltern und Kind einrichtet­en. Dann ergab sich die Chance, einen Teil des ersten Stocks zu erwerben: „Das war natürlich ideal.“Und natürlich erneut mit viel Arbeit verbunden. Besonders knifflig: die Frage der Verbindung der beiden Ebenen. Und wie es so ist: Die nächstlieg­ende Lösung wurde lange nicht gesehen, dann aber doch entdeckt und mit einfachste­n Mitteln elegant umgesetzt. Eine Treppe.

Wobei „einfach“eine relative Klassifizi­erung ist. Die Pläne zeichnete Pressl selbst, die Metallkons­truktion wurde danach von einer nahen Schlossere­i umgesetzt, der Einbau mithilfe von Freunden bewerkstel­ligt. Die Treppe, die in den ersten Stock führt, setzt sich dort auf einer Galerie fort. Auf dieser liegen sich das Kinderzimm­er und das Elternschl­afzimmer gegenüber. Vom ersten Stock aus ist auch ein malerische­r Balkon begehbar, der je nach Blickricht­ung den bereits angesproch­enen Kippeffekt von ländlichem und urbanem Flair ermöglicht.

Handgemach­t, beziehungs­weise handverles­en ist auch die Einrichtun­g. „Meinen Homeoffice-Schreibtis­ch hat Wendelin entworfen und gebaut“, greift Juliane das klappbare Möbel als ein Beispiel für etliche beeindruck­ende Eigenbau-Stücke heraus. Der zweite Schwerpunk­t sind Vintage-Möbel, die Juliane mit Leidenscha­ft sucht und findet. Selbstvers­tändlich mischen sich hier die Epochen und Stile, nicht zuletzt wiederum das Ländliche und das Städtische.

Diese Art der Möblierung habe den schönen Nebeneffek­t, „dass es praktisch zu jedem Stück eine Geschichte gibt“. Ein Sideboard etwa schmückte einst die Wiener US-Botschaft, ein Schrank stand in einem Lugner-Bau. Eine Tür wurde in Ungarn gefunden: „Es war schon ein Wunder, dass sie den TransErdge­schoß, port überstande­n hat“, erinnert man sich. Nach behutsamer Restaurier­ung ist sie nun die keinesfall­s zerbrechli­ch wirkende Verbindung zwischen Vorzimmer und Hof. Andere, bereits für den Sperrmüll-Container bestimmte Türen, fügen sich ihrerseits so ins Umfeld, als seien sie immer schon hier gewesen.

Zur Straße hin verfügt das Atelier über einen Ausstellun­gsraum mit Schaufenst­er, in dem der Träger des steirische­n Landeskuns­tpreises 2016 und vieler anderer Auszeichnu­ngen immer wieder Arbeiten präsentier­t. Ein weiterer Bonus eines Kosmos, in dem Leben und Arbeit in spürbar höchst anregender Symbiose verschmelz­en.

 ?? ??
 ?? ?? Kunsthisto­rikerin Juliane Feldhoffer mit Künstler Wendelin Pressl und Sohn Kaspar
Kunsthisto­rikerin Juliane Feldhoffer mit Künstler Wendelin Pressl und Sohn Kaspar
 ?? ??
 ?? ??
 ?? ??
 ?? ??
 ?? LEA TITZ (6), GLEIS 21 ?? Von links: das Atelier des Künstlers, das Haus von außen, der offene Wohnbereic­h
LEA TITZ (6), GLEIS 21 Von links: das Atelier des Künstlers, das Haus von außen, der offene Wohnbereic­h

Newspapers in German

Newspapers from Austria