Der irdischen Schwere kurz entschweben
Über der Welt schweben, losgelöst von der bleiernen Schwere allzu irdischer Belange: ein alter, haltbarer und im Rahmen des physikalisch Möglichen umgesetzter Traum der Menschheit. Besonders schön und still gelingt die Illusion auf Zeit mit Heißluftballonen: Diese eindrucksvolle Aufnahme, in der sich Ballon an
Ballon reiht, entstand in der historischen und weltberühmten Region Kappadokien in der Provinz Nev¸sehir in der Türkei. Hier können sich Touristen Naturschönheiten vom Himmel aus anschauen – im Zentrum für Heißluftfahrten weltweit ist das an bis zu 250 Tagen im Jahr möglich. Ballone waren die ersten Fahrzeuge, mit denen der
Mensch flog: 1783 hob über Versailles erstmals – nach einer (erfolgreichen) Fahrt eines Schafes, eines Hahns und einer Ente in der Testgondel – ein bemannter Ballon ab: die „Montgolfière“, benannt nach den erfinderischen und patenten Brüdern Michel Joseph und Étienne Jacques de Montgolfier. An Bord waren der Physiker
Jean-François Pilâtre de Rozier und der Marquis François d’Arlandes. Seitdem zog es Homo sapiens bekanntlich bis in das Weltall, der Erdgebundenheit auf Zeit trotzend und fasziniert in das Vertikale strebend. Und ja, auch philosophisch betrachtet täte der Menschheit der große, bedachte Überblick von oben mehr als gut: Das unter uns ist alles, was sie zum Überleben hat. Je weiter der Blick ist, je stärker die eigene Anmaßung in den Hintergrund tritt, desto einverträglicher könnte das Dasein sein. Könnte. Aufschlüsse auf den Ist-Zustand gibt derzeit der Blick auf die von Russland verwüstete Ukraine: Krieg fliegt Mensch nicht davon.