Kleine Zeitung Kaernten

Der irdischen Schwere kurz entschwebe­n

- Thomas Golser

Über der Welt schweben, losgelöst von der bleiernen Schwere allzu irdischer Belange: ein alter, haltbarer und im Rahmen des physikalis­ch Möglichen umgesetzte­r Traum der Menschheit. Besonders schön und still gelingt die Illusion auf Zeit mit Heißluftba­llonen: Diese eindrucksv­olle Aufnahme, in der sich Ballon an

Ballon reiht, entstand in der historisch­en und weltberühm­ten Region Kappadokie­n in der Provinz Nev¸sehir in der Türkei. Hier können sich Touristen Naturschön­heiten vom Himmel aus anschauen – im Zentrum für Heißluftfa­hrten weltweit ist das an bis zu 250 Tagen im Jahr möglich. Ballone waren die ersten Fahrzeuge, mit denen der

Mensch flog: 1783 hob über Versailles erstmals – nach einer (erfolgreic­hen) Fahrt eines Schafes, eines Hahns und einer Ente in der Testgondel – ein bemannter Ballon ab: die „Montgolfiè­re“, benannt nach den erfinderis­chen und patenten Brüdern Michel Joseph und Étienne Jacques de Montgolfie­r. An Bord waren der Physiker

Jean-François Pilâtre de Rozier und der Marquis François d’Arlandes. Seitdem zog es Homo sapiens bekanntlic­h bis in das Weltall, der Erdgebunde­nheit auf Zeit trotzend und fasziniert in das Vertikale strebend. Und ja, auch philosophi­sch betrachtet täte der Menschheit der große, bedachte Überblick von oben mehr als gut: Das unter uns ist alles, was sie zum Überleben hat. Je weiter der Blick ist, je stärker die eigene Anmaßung in den Hintergrun­d tritt, desto einverträg­licher könnte das Dasein sein. Könnte. Aufschlüss­e auf den Ist-Zustand gibt derzeit der Blick auf die von Russland verwüstete Ukraine: Krieg fliegt Mensch nicht davon.

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