Das Märchen vom grünen Gas
Hohe Energiepreise, Abhängigkeit von Russland und die voranschreitende Klimakrise – viele politische Verfehlungen haben uns an diesen Punkt gebracht. Da wirkt es besonders absurd, dass letztes Jahr weitere 47.000 Gasheizungen in Neubauten installiert wurden, obwohl wir 2040 klimaneutral sein wollen. Zurecht hat die Klimabewegung das angeprangert und zusätzlich einen verbindlichen Plan gefordert, wie die fast 600.000 alten Öl- und eine Million Gasheizungen im Bestand getauscht werden sollen.
Seit dieser Woche gibt es nun den Plan: Die Regierung hat das Erneuerbare-WärmeGesetz (EWG) in Begutachtung geschickt. Darin werden Gasheizungen im Neubau mit 2023 verboten. Bis 2035 sollen alle alten Ölheizungen und bis 2040 alle alten Gasheizungen getauscht werden. Aber hier kommt der Haken: Das Gesetz besagt, dass Gasheizungen über 2040 hinaus betrieben werden dürfen, wenn dies mit grünem Gas – also Biomethan, Wasserstoff oder synthetisch hergestelltem Methan – passiert.
Das Märchen der Gaslobby, das damit einzementiert wird, könnte das ganze Gesetz gefährden. Grünes Gas in der Raumwärme zu propagieren, ist deshalb ein Märchen, weil wir nicht genug davon produzieren können, um alle Haushalte zu versorgen. Die Menge an Bioabfall und Reststoffen ist viel zu gering und die Verwendung von Holz oder landwirtschaftlichen Produkten würde viel Fläche beanspruchen und in unlösbarer Konkurrenz zu Nahrungsmittel-, Baustoffproduktion, Erholung und Artenvielfalt stehen. Synthetische Kraftstoffe auf der anderen Seite brauchen für die Herstellung viel Energie und sind deshalb in Autos oder Heizungen fehl am Platz. Dort gibt es, anders als in der Industrie, bessere Alternativen.
Wenn aber Menschen in den nächsten Jahren bei ihrer Gasheizung bleiben, weil sie später auf grünes Gas hoffen, wird es 2040 auf einmal heißen: Upsi, wir haben nicht genug davon, aber da die Gasheizungen noch da sind – nehmen wir doch einfach Erdgas!
W ir hätten also 18 weitere wertvolle Jahre in der Energiewende verloren. Deshalb darf das EWG in dieser Form nicht durchgehen!