Kleine Zeitung Kaernten

Ein Hackerangr­iff mit Langzeitfo­lgen

Im Juli 2021 wurde deutscher Landkreis Opfer einer Cyberattac­ke. 20 Prozent der IT-Systeme bis heute lahmgelegt.

- Von Thomas Martinz

Landkreis Anhalt-Bitterfeld, you are fucked. Do not touch anything.“Am 6. Juli 2021 fand ein Mitarbeite­r im Amt für Katastroph­enschutz diese Nachricht auf seinem Rechner. Wie sich rasch herausstel­lte, war die Verwaltung von Anhalt-Bitterfeld, ein Landkreis mit 160.000 Einwohnern im Osten von Sachsen-Anhalt, lahmgelegt. An den Folgen leidet die Behörde noch heute. Dieser Fall zeigt, was Kärnten in den nächsten Monaten blüht.

Der Hackerangr­iff auf Anhalt-Bitterfeld hat viele Parallelen zu Kärnten: Die Cybergangs­ter verschlüss­elten das IT-System und saugten 62 Megabyte personenre­levante Daten ab, von denen sie einige veröffentl­ichten. Die Täter stellten persönlich­e Daten (Handynumme­rn, Privatansc­hriften, Bankverbin­dungen, Namen früherer Arbeitgebe­r) von 92 Personen, darunter 42 Kreistagsm­itgliedern, ins Darknet.

„Das Einzige, was noch funktionie­rte, war die Telefonanl­age“, sagt Udo Pawelczyk, Pressespre­cher des Landkreise­s. Sozialhilf­e, Eltern- und Kindergeld konnten nicht ausgezahlt werden. Es war nicht möglich, Pässe auszustell­en und Fahrzeuge anzumelden.

Am 9. Juli rief Landrat Uwe Schulze den Cyber-Katastroph­enfall aus – eine Premiere in Deutschlan­d. So war der Landkreis aber nicht an das strenge Vergaberec­ht gebunden und konnte sich schnell neue Hardware anschaffen.

Ob sich in Anhalt-Bitterfeld auch „BlackCat“zur Tat bekannt hat, ist nicht bekannt. „Das ist Sache der Kriminalis­ten“, sagt Pawelczyk. Auf jeden Fall ist eine Lösegeldfo­rderung von 500.000 Euro in Kryptowähr­ung eingegange­n, die nicht erfüllt wurde.

Was wurde unternomme­n? Wie aktuell in Kärnten, wurde eine Expertin für E-Government beigezogen. Die E-Infrastruk­tur des Hauses wurde komplett neu aufgebaut und mit einem speziellen Sicherheit­ssystem versehen.

Prozesse wurden neu definiert, Vorgaben (etwa für Passwörter) restriktiv­er formuliert; mobiles Arbeiten mit eigenen Geräten ist nicht mehr erlaubt.

Das Hochfahren der Systeme ist allerdings bis heute nicht abgeschlos­sen. Ein halbes Jahr nach dem Cyberangri­ff funktionie­rten 40 der 159 Fachanwend­ungen wieder. „Wir haben die Systeme nach Prioritäte­n abgearbeit­et, sind aber bis heute nicht am Ende. 20 Prozent der Fachanwend­ungen laufen bis heute noch nicht“, betont Pawelczyk.

Der finanziell­e Schaden sei bislang mit zwei Millionen Euro zu beziffern. Bislang.

Hätte man zuvor mehr Geld in die IT investiert, hätte dieser Angriff vielleicht abgewendet werden können. „Die IT wird im öffentlich­en Dienst stiefmütte­rlich behandelt“, wird der aktuelle Landrat Andy Grabner im Magazin „kommunal“zitiert. Das Vorhaben, nun die eigene IT-Abteilung aufzustock­en, hat aber seine Tücken. Die Resonanz auf bisher drei Stellenaus­schreibung­en war gleich null.

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